Grenzstreit an der Salzach

Ein ungewöhnliches Kraftwerksprojekt belastet die Beziehungen zwischen Bayern und Salzburg

  • Michael Hudelist, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Bereich der Unteren Salzach im Südosten Bayerns soll ein neuartiges Kraftwerk entstehen. Doch auf der österreichischen Seite gibt es Kritik. Die Kraftwerksplaner haben reagiert und wollen nun eine abgespeckte Version einreichen.

Saaldorf-Surheim/Anthering. Pläne für ein neuartiges Wasserkraftwerk an der Salzach zwischen Saaldorf-Surheim (Landkreis Berchtesgadener Land) auf bayerischer und Anthering auf Salzburger Seite haben zu einem grenzüberschreitenden Streit geführt. Salzburgs Energielandesrat Sepp Eisl (ÖVP) erteilte den vorliegenden Plänen eine Absage: »Mein Stil ist es, den Menschen die Wahrheit zu sagen.« Denn das Wasserwirtschaftsamt der Salzburger Landesregierung habe festgestellt, dass das Projekt in der jetzigen Form nicht genehmigungsfähig ist. Die Österreichisch-Bayerische Kraftwerke AG (ÖBK) will mit dem Prinzip eines sogenannten hängenden Kraftwerkes die Energie der Salzach nutzen. Dadurch soll auch das weitere Eingraben der Salzach in den Boden verhindert werden. Statt einer Staumauer mit Wehren sowie Turbinen und Generatoren am Rande sollen bei dieser Bauweise sowohl die Turbinen als auch die Generatoren direkt im Wasser liegen, aufgehängt auf Pfeilern.

Die insgesamt acht Erzeugungsmodule könnten rund 90 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen, der je zur Hälfte in das österreichische und das deutsche Netz eingespeist würde. An der ÖBK sind die österreichische Verbund AG und die deutsche E.on Wasserkraft GmbH zu je 50 Prozent beteiligt.

Kritisiert wird in Salzburg die Fallhöhe, also der Abstand zwischen oberem und unterem Wasserspiegel. Dieser sollte ursprünglich 6 Meter betragen, wurde aber von den Kraftwerksplanern bereits auf 4,50 Meter gesenkt. Eisls Beamte sehen aber auch den möglichen Wasserrückstau im »Natura-2000«-Schutzgebiet als problematisch an. Die Planer weisen dies zurück. »Von einem Wasserstau spricht man, wenn die Geschwindigkeit des Wassers kleiner ist als 0,5 Meter pro Sekunde. Dies ist beim vorliegenden Projekt nicht der Fall«, erläutert Wolfgang Syrowatka von der ÖBK. Der Landrat des Kreises Berchtesgadener Land, Georg Grabner (CSU), sucht, aufgeschreckt von der Kritik aus dem Nachbarland, weitere Gespräche aller Beteiligten. »Die Salzach ist in diesem Bereich ein Grenzfluss, also entweder entscheiden wir gemeinsam für den Bau eines Wasserkraftwerkes oder gemeinsam dagegen«, sagt Grabner.

Salzburgs Energielandesrat Eisl hat seine Aussagen inzwischen präzisiert. Er sei generell für die Nutzung der Wasserkraft, sagt er. »Eine Nutzung der Wasserkraft im Bereich der Unteren Salzach habe ich weder ausgeschlossen noch abgesagt.« Im Bereich der Unteren Salzach seien jedoch besondere Naturschutzbelange zu berücksichtigen.

Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) kündigte unterdessen einen »Fluss-Dialog« in den nächsten Monaten zwischen Bayern und Österreich an. Zudem wird eine bayerisch-österreichische Arbeitsgruppe die weitere Sanierung der Salzach und die Möglichkeit eines gleichzeitigen Kraftwerkbaus prüfen.

Die Salzach ist mit 225 Kilometern Länge der längste und wasserreichste Nebenfluss des Inn in Österreich und Deutschland. Sie verdankt ihren Namen der Salzschifffahrt, die bis ins 19. Jahrhundert auf dem Fluss betrieben wurde. Auf etwa 59 Kilometern Länge bildet er die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. (nd)

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