Leseprobe
Judenretter
Wer an dem Thema der Rettung mitteleuropäischer Juden durch die Auswanderung nach Palästina interessiert ist, muss der Autorin des Buches »9096 Leben. Der unbekannte Judenretter Berthold Storfer« zu Dank verpflichtet sein ... In dem Buch geht es um die organisierte Flucht Tausender Juden nach Palästina, die vor der Schoah gerettet werden konnten. Es geht auch um das Leben einer bisher kaum bekannten, aber dennoch sehr bedeutenden Persönlichkeit. Wie ist zu verstehen, dass über einen Menschen, der 9096 Juden zur Auswanderung und damit zum Überleben verholfen hat, bisher so wenig und vor allem so wenig Richtiges bekannt geworden ist? ...
Im März 1940 übernahm Storfer auf Befehlt der SS die Leitung der legalen wie der illegalen Transporte auch aus dem damaligen »Altreich« und dem »Protektorat Böhmen und Mähren«. Er war damit zur zentralen Figur für die illegale Einwanderung von Juden aus dem gesamten deutschen Reich nach Palästina geworden. Die zionistischen Emissäre und Funktionäre reagierten mit Hass und beschuldigten Storfer, ein Kollaborateur und »im Bunde mit dem Teufel« zu sein. Dies war eine besonders unverschämte und infame Beleidigung. Auch die zionistischen Aktivisten hatten notgedrungen jahrelang mit den NS-Behörden zusammengearbeitet, die die Auswanderung Tausender Flüchtlinge war nur mit deren Zustimmung möglich. Die NS-Stellen waren es, die die notwendigen Ausweispapiere ausstellte.
Nach dem Kriege revidierten einige Zionisten ihre negative Meinung über Berthold Storfer, allerdings kaum jemals öffentlich. Bis heute ist dieser Held der Rettung in der jüdischen Welt unbekannt oder Persona non grata.
Aus dem Vorwort des am 15. Mai dieses Jahres verstorbenen Historikers Arno Lustiger zum Buch von Garbiele Anderl »9096 Leben. Der unbekannte Judenretter Berthold Storfer« (Rotbuch, 399 S., geb., 19,95 €).
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