Duma billigt »Agenten-Gesetz«

Verleumdung steht in Russland wieder unter härterer Strafe

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit 374 gegen drei Stimmen bei einer Enthaltung verabschiedete die russische Staatsduma in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause das viel kritisierte Gesetz, das vom Ausland finanzierte Organisationen als »ausländische Agenten« einstuft.

In der Duma hielt sich der Widerstand gegen die Verschärfung des Gesetzes zur Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen in Grenzen. Für den Entwurf stimmten am Freitag nicht nur die Abgeordneten der Regierungspartei Einiges Russland, sondern auch Teile der Opposition. Nun muss noch der Föderationsrat seine Zustimmung geben, bevor Präsident Putin das Gesetz in Kraft setzen kann.

Die Lex sieht vor, Vereinigungen der Zivilgesellschaft, die sich teilweise oder ganz mit Geld aus anderen Staaten finanzieren, künftig als »ausländische Agenten« in einem gesonderten Register zu führen und ihre Geldströme strenger zu kontrollieren. Die Regelung soll nur für »politisch aktive« Organisation gelten. Befürchtet wird die Anwendung auf Wahlbeobachtungsorganisationen, Korruptionsgegner, Umweltverbände und Menschenrechtsverteidiger.

Zwar meint das Wort »Agent« in diesem Zusammenhang nicht Spione, sondern Makler wie bei Versicherungen. Bürgerrechtler sind dennoch empört. Sogar Michail Fedotow, Vorsitzender des Beirates für Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim Präsidenten, forderte Nachbesserungen. Das Wort »Agent« müsse durch die Formulierung »Organisationen, die aus dem Ausland Geld zur Realisierung politischer Tätigkeit bekommen« ersetzt werden. Dafür versuchte Fedotow seinen Chef Putin auch bei dessen jüngster Begegnung mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu erwärmen. Bisher vergeblich.

Den Vorwurf selbst entkräftet die Formulierung ohnehin nicht. Er richtet sich indirekt vor allem gegen die USA, von denen sich etliche Organisationen der russischen Zivilgesellschaft in der Tat alimentieren lassen. Unabhängige Experten vermuten daher in den Neuregelungen einen Teil jener Antwort, mit denen das Außenamt gedroht hatte, sollte der Kongress in Washington die sogenannte »Bill Magnitzki« bestätigen. Sie sieht Einreiseverbote und Kontensperrungen für russische Spitzenbeamte vor, die sich bei der Verfolgung von Vorkämpfern für Versammlungs-, Meinungs- und Glaubensfreiheit in Russland hervortun.

Ebenfalls am Freitag verabschiedete die Duma ein Gesetz, das Verleumdung erneut als strafrechtlich relevant qualifiziert und mit Geldstrafen bis zu 500 000 Rubel (12 500 Euro) ahndet. Bisher waren höchstens 3000 Rubel Strafe vorgesehen. Für dieses Gesetz stimmten jedoch nur 238 Parlamentarier, 91 waren dagegen, die Kommunisten boykottierten die Abstimmung.

Die Abgeordneten machten damit eine von der vorigen Duma getroffene Entscheidung rückgängig, auf die der damalige Präsident Dmitri Medwedjew gedrängt hatte. Er hatte sich - zumindest verbal - immer wieder für eine Liberalisierung stark gemacht. Die von Medwedjew dazu eingebrachten Vorlagen blieben aber auf halbem Wege stehen, was Kritiker vor allem mit dem Einfluss Wladimir Putins erklärten. Nach dessen Rückkehr in den Kreml Anfang Mai steuere die Gesellschaft wieder auf jenen russischen Sonderweg zur Demokratie zu, der schon Markenzeichen seiner ersten beiden Amtszeiten war, fürchten sie. Schon im Juni beschloss die Duma ein Gesetz, das die Strafen für Ordnungswidrigkeiten bei Massenkundgebungen drastisch erhöht.

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