Mieter sollen geschont werden

Bündnis landeseigener Wohnungsgesellschaften fast komplett

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit seiner Bundesratsinitiative zur Sicherung bezahlbarer Mieten droht der Senat in der Länderkammer endgültig zu scheitern, jetzt will er wenigstens die Möglichkeiten des Landes zur Dämpfung der Mieten nutzen. Sein Bündnis mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften steht kurz vor dem Abschluss.

Die Bundesratsinitiative war bereits 2010 vom damals noch rot-roten Senat eingebracht worden. Sie sah u.a. vor, die Mieterhöhungsmöglichkeiten von 20 Prozent innerhalb von vier auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren zu begrenzen. Außerdem sollten nach einer Modernisierung die Vermieter statt elf Prozent nur noch neun Prozent der Kosten auf die Miete umlegen dürfen. Dafür fand er aber auf der Bundesratssitzung in der vergangenen Woche erneut keine Mehrheit, weshalb der Gesetzesentwurf weiter in den Fachausschüssen herumdümpelt mit wenig Aussicht auf Behandlung. »Eine Beerdigung zweiter Klasse«, hieß es in der Bundesratsverwaltung.

Dafür will der Senat wenigstens die Mieter in den 275 000 landeseigenen Wohnungen entlasten. Die Wohnungsbaugesellschaften sollen in den nächsten vier Jahren auf Mieteinnahmen von insgesamt 100 Millionen Euro verzichten, indem sie die Vorgaben für Mieterhöhungen aus der Bundesratsinitiative übernehmen - unabhängig davon, ob diese jemals eine Mehrheit findet. Damit einkommensschwache Haushalte nicht aus dem Stadtzentrum verdrängt werden, sollen zudem bei Neuvermietungen innerhalb des S-Bahn-Rings 50 Prozent der Wohnungen an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins (WBS) vergeben werden. Außerhalb des Rings soll jede dritte Wohnung an WBS-Berechtigte gehen. Um diese Neumieter vor den meist üblichen hohen Zuschlägen zu bewahren, muss bei der Vergabe die ortsübliche Miete eingehalten werden. Und Geringverdiener sollen von Mieterhöhungen verschont bleiben, sofern sie ansonsten mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete aufbringen müssten.

Auch der Wohnungstausch soll erleichtert werden. Wer aus seiner (zu) großen Wohnung in eine mindestens zehn Prozent kleinere zieht, wird auch weniger Miete zahlen müssen. Bisher war das wegen mietpreistreibender Aufschläge bei Neuverträgen meist nicht der Fall.

Dem Bündnis sind mittlerweile die Wohnungsbaugesellschaften WBM, Degewo, Gesobau, Howoge, und Gewobag beigetreten, bei Stadt und Land steht das Thema nächste Woche auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung. Die Unternehmen und auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hatten wegen der finanziellen Konsequenzen lange mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag gezögert. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) ist ihnen mit der Aufnahme einer Klausel entgegengekommen, wonach sie aus dem Bündnis aussteigen können, falls es ihnen wirtschaftlich schlecht geht. Müller glaubt aber nicht, dass dies eintreten könnte angesichts eines Gewinns der Gesellschaften von über 157 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Er will das Bündnis noch in den Koalitionsfraktionen erläutern, dann soll es nach der Sommerpause vom Senat beschlossen werden.

Der Mieterverein begrüßt das Bündnis, sieht aber noch Nachbesserungsbedarf. Die Kappung der Miete bei 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens sei für einkommensschwache Haushalte noch zu viel. Die Linkspartei mahnt vom Senat ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept an, um auch für die übrigen 85 Prozent der Berliner Mieter »politische Antworten« zu geben.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -