Solarmetropole statt Kohlenpott?

Solare Visionen fürs Ruhrgebiet versprechen viel...

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
Mittels Photovoltaik könnte das Ruhrgebiet sich bald autark mit Elektrizität versorgen. Schon schwärmen Politiker von einer künftigen »Solarmetropole Ruhr«. Gleichwohl, mit vollmundig angekündigten Solar-Visionen für den Ruhrpott ist das so eine Sache. Einst träumte sogar Beton-Sozi Wolfgang Clement von einem »Solar Valley« zwischen Ruhrgebiet und Holland. Der Traum sollte nicht in Erfüllung gehen.
Die Sonne scheint sogar an der Essener Kokerei Zollverein (1993 stillgelegt)
Die Sonne scheint sogar an der Essener Kokerei Zollverein (1993 stillgelegt)

Ausgerechnet in jener Woche, als der »Spiegel« ein Ende der »Öko-Esoterik« und eine flügelübergreifende neue »Freude an der Romantik neuer Ruhergebietsschlote« bei der SPD ausmachte, präsentierte der Regionalverband Ruhr eine Studie, die belegen soll, dass das Ruhrgebiet sich selbst mit Solarstrom versorgen kann. Photovoltaikanlagen auf 20 Prozent aller Dachflächen und auf Industriebrachen, Halden und Parkplätzen (alles im Überfluss vorhanden!) – und schon sei der private Strombedarf der 5,15 Millionen Menschen in der einstigen Kohle- und Stahlregion gedeckt. Selbst alte Zechenstandorte kämen für Solar-Anlagen in Frage.

»Die Region kann, wenn Sie die geeigneten Flächen konsequent nutzt, sämtliche Haushalte in der Metropole Ruhr selber mit Solarstrom versorgen«, sagt Martin Tönnes, der Planungsdezernent des Regionalverbandes. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten nämlich deutlich, dass der Ruhrpott »über ein großes und ausbaufähiges Potential für die Nutzung von Solarenergie« verfüge und die Energiewende auch dort machbar sei. Schon träumt der Grüne Tönnes von einer »Solarmetropole Ruhr«. 


Nun ist die »Solarmetropole Ruhr« nicht die erste auf die Photovoltaik bezogene Vision für Region für die Region. 1999 beschwor selbst der erklärte Kohlefan und damalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement zusammen mit dem Shell-Konzern-Vorstand Jeroen van der Veer ein grenzüberschreitendes »Solar Valley« – anlässlich der Eröffnung der »modernsten Solarzellenfabrik der Welt«; Mehrheits-Eigentümer: Shell, Ort: Gelsenkirchen-Rotthausen. NRW mache einen entscheidenden Schritt »auf dem Weg von der Kohle zur Sonne«, las Clement vom Blatt ab. Und Shell-Mann van der Veer verkündete, die deutsch-niederländische Kooperation sei wegweisend für die Zukunft. Und die Architektur der Fabrik beispielhaft für den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

Dann wurde Prosecco kredenzt. Strukturwandel, Arbeitsplätze, Zukunft? Zehn Jahre später, 2009, war Jeroen van der Veers, zwischenzeitlich zum Shell-Boss aufgestiegen, Euphorie verflogen: Shell werde nicht weiter investieren in Solar- und Wind-Energie, verkündete der Niederländer da. Die Ertragsaussichten seien »verglichen mit anderen Chancen« zu gering. Entsprechend wolle Shell sich fokussieren auf das Business mit Öl und Gas sowie den umstrittenen Biotreibstoffen.

Fritz Vahrenholt, 1999 noch Shell-Deutschland-Vorstand und sich auf eine gesteigerte Nachfrage nach Solarzellen freuend, ist längst bei RWE gelandet. Zum Messias der »Klimaskeptiker« mutiert. Und wettert gegen die Klimawende: »Jede energiepolitische Maßnahme steht mittlerweile unter dem Leitmotiv des Klimaschutzes«, ärgert sich der einstige Solar-Manager.

Längst ist die Gelsenkirchener Solarfabrik dicht gemacht. Auch ansonsten ist der Kohlenpott kein Solar Valley: Selbst an guten Tagen wird aus erneuerbaren Quellen nicht einmal so viel nicht einmal so viel Elektrizität erzeugt wie mit einem einzigen Kohlekraftwerksblock.



Die Sonne über Bochum-Ehrenfeld (untergehend)
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