Antirassismus in die Landesverfassung
Brandenburgs Linkspartei will Signal setzen
nd: Die LINKE bemüht sich, dass eine Antifaschismusklausel in die Verfassung des Landes Brandenburg aufgenommen wird. Warum?
Kaiser: Der Begriff trifft es meines Erachtens nicht, eher vielleicht »Antirassismusklausel«. Angesichts der Vorgänge um die NSU, einer Kette von NPD-Aufmärschen in Brandenburg und des Eindringens rechtsradikaler kultureller Standards in unseren Alltag geht es uns um ein deutliches politisches Signal gegen all jene, die Demokratie und Menschenwürde mit Füßen treten - also um eine Stärkung der Verfassung. Die Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft ist der beste »Verfassungsschutz«. Wer sich gegen Neonazis zu Wehr setzt, der muss auf der sicheren Seite sein.
Wie soll das konkret aussehen?
Es geht um Formulierungen wie die, dass Antirassismus und friedliche Beziehungen zwischen allen hier lebenden Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Grundsätze unseres Zusammenlebens im Land Brandenburg sind. Dies gäbe auch Städten und Gemeinden die notwendige Klarheit und Argumentationshilfe bei der Frage, ob sie Infostände und Versammlungen rechtsextremistischer Organisationen tatsächlich hinnehmen müssen.
Nun ist Papier geduldig. Wäre die Antirassismusklausel in der Verfassung mehr als eine Geste?
Selbstverständlich wäre sie mehr als eine Geste und auch mehr als Symbolpolitik. Schließlich ist eine Verfassung nicht allein ein politisches Dokument. Hier sind auch die Bürgerinnen und Bürger gefragt: Die Einzelheiten sollten wir also gemeinsam mit allen demokratischen Kräften und zivilgesellschaftlichen Initiativen erarbeiten und diskutieren.
Gibt es in anderen Ländern Erfahrungen mit der Klausel?
Ja, in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. In Mecklenburg-Vorpommern steht in der Verfassung, dass Aktionen, die das friedliche Zusammenleben stören und rassistisches Gedankengut verbreiten, verboten sind. Wir sollten uns durchaus in der Debatte davon inspirieren lassen.
Wann könnte das in Brandenburg beschlossen werden?
Meiner Meinung nach spricht vieles dafür, die Verfassung noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2014, zu ändern.
Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie stehen die Chancen dafür?
Ich denke doch, dass es uns gelingen kann, unseren Koalitionspartner SPD und die Oppositionsfraktionen Grüne und FDP, vielleicht sogar Teile der CDU dafür zu gewinnen. Eine Zweidrittelmehrheit sollte so kein Problem sein. Der Linksfraktion im Landtag Brandenburg geht es nicht nur um einen schnellen Beschluss, sondern darum, dass Anliegen in der demokratischen Gesellschaft breit öffentlich zu diskutieren. Das hätte den Effekt, Vereine, Behörden und Institutionen für das Problem des Rechtsextremismus zu sensibilisieren. Das völlige Versagen der Sicherheitsbehörden auf allen Ebenen in Bund und Ländern bei der Aufklärung der Morde des NSU ist ja auch damit erklärt worden, dass man die Brisanz neofaschistischer Entwicklungen unterschätzt habe. Das darf nicht weiter passieren. Und diejenigen, die Gesicht zeigen gegen rassistische und inhumane Denkmuster und Handlungen, wollen wir ermutigen und stärken.
Interview: Andreas Fritsche
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