Seit 40 Jahren fit
8000 Übungsleiter des Deutschen Rote Kreuz trainieren mit älteren Menschen
Lörrach. Mit einem blauen Stab als Spazierstock laufen 17 Senioren im Takt der Musik im Kreis. Die Übung verlangt eine schnelle Reaktion. Denn wenn die Musik stoppt, soll jeder seinen Stock stehen lassen und den vom Vordermann greifen. Das klappt nicht immer, manchmal fallen die Stöcke klappernd zu Boden. Die neun Männer und acht Frauen haben sich wie jeden Dienstagvormittag zur Gymnastik beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) im südbadischen Kandern getroffen. Sie machen mit beim DRK-Bewegungsprogramm.
Rund 8000 Übungsleiter halten bundesweit unter anderem mit Gymnastik und Tanzen pro Woche ungefähr 350 000 Senioren in Bewegung. Manche machen mit, weil sie körperlich fit bleiben wollen. »Es ist gesellig und tut gut«, sagt ein Teilnehmer, ein anderer: »Die Gymnastik hält auch geistig fit. Seit wir aus dem Beruf sind, fehlt hier das Training.« Dass Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit steigen und der Bauchumfang abnimmt, bestätigt eine Untersuchung des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg.
Bewegung für die Psyche
Drei Monate lang beobachteten und befragten die Forscher einige Teilnehmer und Übungsleiter der Bewegungsprogramme in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Dabei begleiteten sie 159 Personen bei den Übungen und konnten feststellen, inwiefern sich ihre kognitiven und körperlichen Fähigkeiten veränderten.
Der Diplom-Gerontologe Volker Cihlar ist der Projektkoordinator der Studie. Ihm fiel bei den Teilnehmern besonders deren positive Wahrnehmung der Kurse auf. Eine Frau habe nach eigener Aussage nach einem Schlaganfall im DRK-Tanzkurs wieder Lebensmut gewonnen und ihre Bewegungsfähigkeit trainiert, sagt Cihlar. Wie ein roter Faden habe sich eine Verbesserung der psychischen Verfassung durch seine Beobachtungen gezogen. Der Gerontologe und Sportmediziner spricht von einer Erfolgsgeschichte der Bewegungsprogramme.
Die Referentin für die Programme beim badischen DRK-Landesverband, Annette Willesch, sieht das ähnlich: »Eine Ursache für den Erfolg ist sicher, dass die Programme regelmäßig, wohnortnah und zu sozialverträglichen Preisen angeboten werden.« Die Kosten pro Übungsstunde bewegen sich zwischen einem und drei Euro.
Vor 40 Jahren brachte die Sportlehrerin Irmtraud Klages die Idee des »Altersturnens« aus Basel mit über den Rhein. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin des DRK überzeugte das Generalsekretariat in Bonn von den Gymnastikangeboten speziell für ältere Menschen. Die DRK-Seniorengymnastik, wie das Angebot zunächst hieß, verbreitete sich von da an im ganzen Bundesgebiet. Ältere Menschen, aber auch kranke Menschen, die trotz gesundheitlicher Einschränkungen aktiv bleiben wollen, können zwischen Gymnastik, Wassergymnastik, Tanzen, Yoga und Gedächtnistraining wählen.
Aufstehen trainieren
»Unsere Angebote werden regelmäßig auf den aktuellen Stand der Sportwissenschaft und Medizin gebracht«, sagt Angelika Farnung vom württembergischen Landesverband. Spezielle Angebote für Menschen in ambulanter Pflege oder für Pflegebedürftige zielten auf die Stabilisierung und Verbesserung ihrer körperlichen Fähigkeiten ab, um etwa die Sturzgefahr zu vermindern oder das selbstständige Aufstehen von einem Stuhl zu sichern. Die Lehrbeauftragte für Gymnastik des DRK-Landesverbandes, Jutta Müller-Haupka, sieht noch Entwicklungspotenzial: »Hier müssen wir in Zukunft noch mehr Übungen zur Stärkung der Beinmuskeln entwickeln.«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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