Reform à la Hartz IV
Deutscher Städte- und Gemeindebund will Sozialleistungen von Kommission prüfen lassen
Trotz gestiegener Einnahmen hätten die Kommunen 2011 ein Defizit von drei Milliarden Euro verbucht, so Schäfer. Gleichzeitig vermeldeten die Stadtkämmerer einen neuen Rekord: So stiegen die kommunalen Ausgaben für Soziales erstmals auf mehr als 44 Milliarden Euro. Verschärfend hinzu komme der Fiskalpakt, so Schäfer. Dieser zwinge ab 2014 auch die Gemeinden dazu, die »Superschuldenbremse« einzuhalten.
Zwar hat der Bund im Zuge der Fiskalpakt-Verhandlungen zugesagt, die Gemeinden zu entlasten. So übernimmt er bis 2014 die Kosten der Grundsicherung im Alter. Zudem will er sich an der Eingliederungshilfe für Behinderte beteiligen. Die Kommunen wollen aber weitere Entlastungen. Auch weil der Bund ihnen in den vergangenen Jahren immer mehr sozialpolitische Aufgaben übertrug.
Deshalb fordern Städte und Gemeinden nun eine »Agenda 2020«. Das klingt verdächtig nach jener Agenda 2010, mit der Bundeskanzler Gerhard Schröder einst Hartz IV durchdrückte. Die Assoziation scheint beabsichtigt: So findet sich unter Punkt 4 der kommunalen Agenda die Forderung, Investitionen den Vorrang vor höheren Transferleistungen zu geben. Dass man zudem die »Lebensarbeitszeit weiter verlängern« und die »Eigenvorsorge ausbauen« will, zeigt, in welche Richtung die Reformen gehen sollen. Generell plädieren die Kommunen dafür, alle familien- und sozialpolitischen Leistungen zu überprüfen. Der Bund gebe im Jahr 123 Milliarden Euro für Familien aus, so Schäfer. Hinzu kämen ehebezogene Leistungen von 73 Milliarden Euro. Dabei sei unklar, ob die 152 verschiedenen Sozialleistungen überhaupt einen Effekt hätten, kritisierte der hauptberufliche Bürgermeister.
Städte und Gemeinden fordern nun eine »unabhängige Sachverständigenkommission« zur Reform der sozialen Leistungen. Als Vorbild nannte Schäfer auch die Hartz-Kommission zur Reform der Arbeitslosenhilfe. Nach dem Willen der Kommunen soll das Gremium noch vor der Bundestagswahl 2013 zusammenkommen.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, warnte die Kommunen gestern dringend davor, »die Schuldenbremse dadurch einhalten zu wollen, dass sie sich ihrer sozialen Verpflichtungen mehr oder weniger entledigen«. Die »Agenda 2020« enthalte keinen einzigen neuen Gedanken, sondern predige allein die sogenannte Eigenvorsorge und den Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung,
Dass die FDP am Montag viel Lob für die »Agenda 2020« übrig hatte, ist da schon mehr als bezeichnend.
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