Hamburg will Lager in Horst weiter nutzen

In der Opposition kritisierte die SPD die Asylbewerberunterkunft - wovon sie heute nichts mehr wissen möchte

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Um die Nutzung der berüchtigten Asylbewerberunterkunft in Horst (Mecklenburg-Vorpommern) ist in Hamburg ein Streit entbrannt.

Das mecklenburgische Horst liegt 56 Kilometer entfernt vom Hamburger Rathaus. Stacheldraht umzäunt das Gelände, das den Namen »Landesgemeinschaftsunterkunft« trägt. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern teilen sich das Areal. Leben müssen hier allerdings weder Hamburger noch Mecklenburger, sondern Flüchtlinge, die in einem der beiden Bundesländer gestrandet sind.

Seit 2006 nutzt Hamburg die im Wald gelegene Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der 10 000-Einwohner-Stadt Boizenburg. Das sollte eigentlich ein baldiges Ende haben. Der von 2008 bis 2010 amtierende schwarz-grüne Senat verständigte sich darauf, die Nutzung im September 2012 auslaufen zu lassen. Die inzwischen alleine regierende SPD will davon allerdings nichts wissen. Seit einem knappen Jahr schickt Hamburg wieder verstärkt Flüchtlinge nach Horst, weil es in der Millionenmetropole selbst an Unterbringungsmöglichkeiten mangele.

Auch Familien mit Kindern, die dort keine Möglichkeit des Schulbesuchs haben. Nur Deutschkurse sind mittlerweile dort eingerichtet. Für die Sozialdemokraten, die allgemein auf »durchgesetzte Verbesserungen« verweisen, eine angemessene und ausreichende Vorbereitung auf einen möglichen späteren Schulbesuch. »Horst ist nicht unsere Wunschvorstellung, aber wir müssen das pragmatisch sehen«, sagte der in der SPD-Fraktion für Integration zuständige Kazim Abaci.

Auch die SPD sah dies einst eher kritisch als pragmatisch. Mehmet Yildiz, LINKEN-Bürgerschaftsabgeordneter, erinnert daran: »In der Opposition hatte die SPD sich gegen das Lager ausgesprochen, weil Flüchtlinge, darunter auch Kinder, in Isolation und ohne ausreichende medizinische, rechtliche und schulische Betreuung sich selbst überlassen wurden.« Die Behauptung der Innenbehörde, das Lager befinde sich »in einem sehr ordentlichen, gepflegten Zustand«, weist Yildiz empört zurück: »Asylsuchende treten dort regelmäßig in den Hungerstreik, um gegen die unmenschliche Situation zu protestieren.«

Yildiz kritisiert insbesondere eine mangelhafte medizinische Versorgung und unzureichende Bildungsmöglichkeiten für die Betroffenen und fordert »den sofortigen Verzicht der Unterbringung Hamburger Asylsuchender in diesem Lager. Die vielfach traumatisierten Schutz- und Asylsuchenden müssen umgehend in regulären Wohnungen in Hamburg untergebracht werden.« Auch die Grünen-Abgeordnete Antje Möller verlangt eine »angemessene Unterkunft auf Hamburger Stadtgebiet«. Senat und Bürgerschaft müssen der Verlängerung des Nutzungsvertrags noch zustimmen.

Horst ist nicht erst seit kurzem ein Thema. Im Januar demonstrierten 350 Menschen vor der Flüchtlingsunterkunft. »Wir sind nach Deutschland gekommen und dachten, wir hätten hier Menschenrechte. Doch wir haben sie nicht gefunden«, sagte damals ein Flüchtling. »Die Flüchtlinge leben dort unter gefängnisähnlichen Bedingungen. Sie müssen in Mehrpersonenzimmern für bis zu sechs Personen schlafen; vorgeschriebenes Essen in der Kantine zu vorgeschriebenen Zeiten zu sich nehmen, haben keine Freizeit- oder Beschäftigungsmöglichkeiten und ein monatliches ›Taschengeld‹ von nur 40 Euro«, kritisiert die Kampagne »Stop it!«.

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