Von Sündenböcken und sozialen Kämpfen
Strategien gegen Diskriminierung und Ausgrenzung auf dem Festival gegen Rassismus diskutiert
Die äußeren Bedingungen hätten für das von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis organisierte »Festival gegen Rassismus« am Wochenende nicht besser sein können. Auf dem Kreuzberger Blücherplatz wurden in über 20 Workshops, Lesungen und Podiumsgesprächen die verschiedenen Facetten von Rassismus und Stigmatisierung thematisiert.
Eine Diskussionsrunde mit der Gruppe »Soziale Kämpfe« beleuchtete beispielsweise den Zusammenhang von wirtschaftlichen Krisen und der damit oftmals einhergehenden Zunahme sozialchauvinistischer Einstellungen in der Gesellschaft. Inwiefern sich bei Prozessen der Stadtumstrukturierung rassistische Ressentiments reproduzieren, konnten Interessierte in einem Workshop mit dem Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm erfahren.
Ein von der Organisation »Sozialistische Alternative Voran« (SAV) veranstalteter Workshop befasste sich mit den pogromartigen Ausschreitungen gegen Asylbewerberheime in Rostock-Lichtenhagen, die sich 2012 zum 20. Mal jähren. »Zu Beginn der 1990er Jahre wurde durch einen von einzelnen Medien und der herrschenden Politik getragenen Das-Boot-ist-voll-Diskurs die Stimmung unwahrscheinlich fremdenfeindlich aufgeladen«, erklärt Hendrik von der SAV. Rassistische Sündenbockrhetorik treffe immer dann auf fruchtbaren Boden, wenn weite Teile der Gesellschaft existenzielle Abstiegsängste hätten, so der Referent. »Der Kampf gegen Rassismus muss immer auch mit der sozialen Frage verbunden werden«, fordert daher der Aktivist.
Das »Festival gegen Rassismus«, das künftig jedes Jahr in Berlin stattfinden soll, versteht sich vor allem als Plattform zur Vernetzung antirassistischer Initiativen und aktiver Einzelpersonen. So bot eine offene Bühne für jedermann die Möglichkeit, zwischen den festen Programmteilen eigene Themenschwerpunkte zu setzen und Diskussionen anzuregen. Freiwillige Übersetzer sorgten dafür, dass Sprachunterschiede keine Barriere für den gemeinsamen Dialog darstellte. »Wir verstehen Vielfalt als große Stärke. Es ist toll, wenn auf dem Fest so viele Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen zusammenkommen«, erklärt Sanchita Basu von »Reach Out«, einer Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt.
Auch die rund 30 Informationsstände verschiedenster Initiativen und Organisationen, darunter der Kreuzberger Ortsgruppe der LINKEN, gaben Gelegenheit, sich über konkrete Handlungsmöglichkeiten gegen Ausgrenzung und Diskriminierung aller Art auszutauschen. Die Veranstalter hoffen, dass Aktionen wie das dreitägige Festival dazu beitragen, eine breite Öffentlichkeit für das gesamtgesellschaftliche Problem Rassismus zu sensibilisieren.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.