Rache und Retro
Das Fantasy Filmfest präsentiert zum 26. Mal harte Genrekost
Das Fantasy Filmfest hat sich schon vor geraumer Zeit von der reinen Präsentation von Gewaltschockern emanzipiert. Darum ist es nicht überraschend, dass es bei dem Festival für Horror, Thriller und natürlich Fantasy zuweilen weit realistischer zugeht, als der Name suggeriert. So auch in der 26. Ausgabe, die heute mit der originellen und rabenschwarzen Komödie »Sightseers« eröffnet wird. Der als aktuelles Regiewunderkind gehandelte Brite Ben Wheatley schickt hier ein so nervtötendes wie skurriles Touristenpärchen auf die Suche nach Sehenswürdigkeiten - wobei der absurde Weg der beiden fiesen und unsympathischen Eigenbrötler mit Leichen von Zeitgenossen gepflastert ist.
Den eingangs erwähnten Realismus hat sich dagegen der ebenfalls britische Politthriller »Cleanskin« mehr oder weniger erfolgreich auf die Fahnen geschrieben. Mit hoher Stardichte und expliziter Gewaltdarstellung wird in dem Thriller-Drama-Mix von Regisseur Hadi Hajaig die Geschichte eines Selbstmordattentäters erzählt, dem ein wortkarger und ganz und gar nicht zimperlicher Secret-Service-Agent auf den Fersen ist. »Cleanskin« (saubere Haut) werden in Großbritannien innerlich radikalisierte, aber äußerlich assimilierte Einwanderer genannt, die, einmal zum Terror entschlossen, aus letzterem Grunde gut getarnt und dementsprechend schwer zu fassen sind.
Zugute halten kann man dem vor Klischees nicht gefeiten Film, dass er nach einem actiongeladenen ersten Drittel überraschend die Perspektive ändert und sich in Rückblenden der Motivation und der Entwicklung des jungen Muslimen vom hippen, beliebten Studenten zur wandelnden Zeitbombe widmet. So ehrenhaft dies ist, so sprunghaft und darum letztendlich nicht nachvollziehbar ist aber die Umsetzung dieser 180-Grad-Wende. Eine Beziehungskrise und einige nicht sehr raffinierte Plädoyers eines »Hasspredigers« reichen hier, um den kalten Killerinstinkt freizulegen. Zwar bekommen auch britische Außenpolitik und Geheimdienstpraktiken ihr Fett weg. Unterm Strich aber erscheint die in fremden Ländern mordende, im Inland Demokratie predigende Nation den verzweifelten Einzeltätern moralisch etwas zu eindeutig überlegen. Positiv sticht die grimmige Darstellung des Geheimagenten durch Sean Bean heraus sowie die teils rasant getimte Action.
Das in die Sektionen »Fresh Blood«, »Selected Features« und »Focus Asia« unterteilte Festival bietet traditionell auch stets Attacken auf die Lachmuskeln. Im Genre der Zombie-, Monster- oder Serienkiller-Komödie drängen seit Jahren Filme vor allem aus Großbritannien, Spanien und Südamerika massenhaft auf den DVD- und Kinomarkt. Hervorzuheben ist dabei die irische Produktion »Grabbers«. Die Mischung aus whiskey-seliger Gemütlichkeit, zelebriertem irischen Hinterwäldlertum, so übertrieben wie gut produzierten Splatter-Effekten und witzigen Dialogen vermag zumindest gut zu unterhalten.
Aus den USA stammt der Thriller »Violet and Daisy« aus der Feder von »Oscar«-Preisträger Geoffrey Fletcher. Hier scheitern zwei Profikillerinnen mit It-Girl-Potenzial an der Melancholie und Todessehnsucht des aktuellen Opfers. So hatten sie sich das nun wirklich nicht vorgestellt.
Zu Beobachten ist dieses Jahr auch einerseits das fortgesetzte (im besten Falle) nervenaufreibende Retro-Revival des Geisterfilms. Geradezu Stammgäste auf der blutigen Leinwand sind andererseits die weiblichen Killer, Rächerinnen und »Final Girls«: letzte Überlebende von bevorzugt in abgelegenen Landhäusern oder Wäldern veranstalteten Blutbädern.
Fantasy Filmfest, 21.-29. August. Cinemaxx am Potsdamer Platz und Event Cinema Sony Center, Infos unter www.fantasyfilmfest.com
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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