Glück im Unglück

S-Bahn-Unfall hätte auch schwerere Folgen haben können/Ursache weiter unklar

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem S-Bahn-Unfall in Tegel dauerten gestern die Aufräumarbeiten an. Die Unglücksursache ist weiter unklar. Teile der betroffenen Linie S 25 bleiben voraussichtlich noch bis Sonnabend gesperrt, kündigte S-Bahn-Chef Peter Buchner an der Unfallstelle an. Erst dann könnten die Bahnen zwischen Tegel und Henningsdorf wieder fahren. Bereits heute soll der Verkehr wieder zwischen Schönholz und Tegel aufgenommen werden. Die S-Bahn hatte in dem Abschnitt auch mit den Folgen des schweren Unwetters in der Nacht zu Mittwoch zu kämpfen, das einen Wassereinbruch im Stellwerk Tegel verursachte. Dadurch ließen sich die Weichen nur per Hand stellen.

Bei dem schwersten Berliner S-Bahn-Unglück seit Jahren waren fünf Fahrgäste leicht verletzt worden, der Zugführer erlitt einen schweren Schock und musste medizinisch behandelt werden. Dabei ist nach Meinung von Experten alles noch relativ glimpflich abgelaufen. Auch Verkehrssenator Michael Müller (SPD) sprach von »Glück im Unglück«. Der Unfall hätte schwerere Folgen haben können, wenn der Zug schneller gefahren wäre. Statt mit Tempo 80 war er wesentlich langsamer unterwegs, weil im Bereich der Unglücksstelle eine Schranke wegen eines Blitzeinschlags in der Nacht zuvor außer Betrieb war und durch S-Bahn-Mitarbeiter gesichert werden musste.

Über die Unglücksursache wird weiter spekuliert. Ob durch Blitzeinschlag auch die Weiche beschädigt wurde, über die der Unglückszug zum Unfallzeitpunkt gerade fuhr, oder menschliches Versagen die zwei Wagen aus den Gleisen springen ließ, muss noch geklärt werden. Ermittler hatten zunächst nicht ausgeschlossen, dass sich im Moment der Überfahrt die Weiche umgestellt haben könnte. Ob sie den Unfall wirklich ausgelöst habe, sei aber nicht klar, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Sowohl technisches wie menschliches Versagen werde geprüft. Auch das Eisenbahnbundesamt sei eingeschaltet.

Laut Buchner sei es nicht ausgeschlossen, dass sich die Weiche selbst verstellt haben könnte, das komme im Eisenbahnverkehr vor. Vorwürfe des Leiters des Fachgebietes Schienenverkehr der TU, Markus Hecht, die Weiche sei nicht an das Stellwerk angeschlossen gewesen, wies die S-Bahn zurück. Es handele sich um eine aktive Weiche, die auch elektrisch angeschlossen und ständig in Gebrauch gewesen sei. Hecht hatte gegenüber einem Rundfunksender den schlechten Zustand der Weiche als mögliche Unfallursache genannt.

Dagegen will der Berliner S-Bahn-Tisch, der sich gegen die Privatisierung des Unternehmens engagiert, »aus vertraulichen Kreisen der S-Bahn« Informationen erhalten haben, wonach ein Achsbruch »weit vor der Weiche« den Unfall ausgelöst haben könnte. Die Bundespolizei konnte dies nicht bestätigen. Über diese These sei bislang nicht gesprochen worden. »Wir warten die offiziellen Ergebnisse der Untersuchungen ab.« Bis diese vorliegen, können allerdings noch einige Wochen vergehen.

Die entgleisten Wagen sind inzwischen unter Einsatz eines Eisenbahnkrans wieder auf die Gleise gesetzt. Experten prüfen jetzt, ob es es eventuell Schäden am Gleis gibt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -