Schule für alle mit gutem Zeugnis
Studie belegt beeindruckende Erfolge durch gemeinsames Lernen
Rund 80 Prozent der Eltern würden ihr Kind erneut in die Gemeinschaftsschule schicken. Das ergab eine Studie zu vier Jahren Gemeinschaftsschule in Berlin, die gestern von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vorgestellt wurde. Wie die Studie belegt, haben Eltern gute Gründe, ihre Entscheidung nicht zu bereuen. Denn das gemeinsame Lernen wirkt sich positiv auf den individuellen Lernprozess des Kindes aus, so lautet ein Ergebnis der Untersuchung.
Vergleiche mit Hamburger Schulen, die ähnliche Voraussetzungen erfüllen, aber keine Gemeinschaftsschulen sind, haben gezeigt, dass vor allem die Sprachförderung vom gemeinsamen Lernen profitiert. In allen Schulgruppen schnitten die Berliner beim Lesen und bei Rechtschreibung erheblich besser ab als die Hamburger Schüler. »Da haben die Berliner den Hamburgern ganz schön etwas vorgemacht«, meinte Ulrich Vieluf vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, das die Studie mitbetreute. Kritische Stimmen, die Fortschritte leistungsstarker Kinder durch den gemeinsamen Unterricht gefährdet sahen, konnte die Studie widerlegen. Denn sowohl leistungsstarke als auch die etwas langsameren Kinder konnten gleichermaßen profitieren. »Besonders erfreulich ist, dass die Schulen mit den höchsten Belastungen - z.B. großer Anteil von Kindern aus nicht deutschsprachigem Elternhaus - die besten Lernerfolge beim Leseverständnis und in Rechtschreibung erzielen konnten«, so Vieluf.
Senatorin Scheeres zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen. Das Pilotprojekt Gemeinschaftsschule habe gezeigt, dass die soziale Herkunft von den Bildungschancen getrennt werden könne. Das ist eine beeindruckende Entwicklung, die wir weiter führen werden«, sagte Scheeres.
Allerdings konnten die Berliner nicht in allen Fächern glänzen. In Mathematik und Naturwissenschaften blieben einige Gemeinschaftsschulen hinter den Erwartungen zurück. Ein Grund dafür sei der häufige Unterrichtsausfall in diesen Fächern, erläuterte Vieluf. Die Senatorin verwies bei alarmierenden Engpässen auf einen vom Senat eingerichteten Krisenstab hin, bei denen sich die betreffenden Schulen melden können.
Das Konzept einer Gemeinschaftsschule umzusetzen sei keine Kleinigkeit und erfordere die Zusammenarbeit aller, sagte Scheeres. Laut der Studie hapere es daran allerdings noch. Zwar stünden die Eltern hinter der Leitidee des gemeinsamen Lernens, dennoch »bringen sich die Eltern zu wenig ein«, kritisierte Johannes Bastian von der Universität Hamburg. Gleichzeitig lobte der Professor die Veränderungen im Unterricht. Selbstständiges Lernen und individuelle Förderung seien gut umgesetzt worden. »So etwas kann man als Lehrer nicht mehr von vorne machen.« Den Wandel müsse die Schule allerdings insgesamt vollziehen. »Das ist keine Aufgabe eines Einzelnen.«
Gemeinschaftsschule
- Die von Rot-Rot auf den Weg gebrachte Gemeinschaftsschule startete zunächst mit 11 Schulen im Schuljahr 2008/2009. Mittlerweile ist die Zahl auf 21 Schulen gewachsen. Davon nehmen 14 an der Studie teil.
- Die Begleitstudie wird von Rambøll Management Consulting, der Arbeitsstelle für Schulentwicklung und Schulentwicklungsforschung der Universität Hamburg und dem Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung durchgeführt.
- In den Gemeinschaftsschulen können Kinder bis zum Abitur zusammen lernen. Schulen, die keine eigene Grund- oder Oberstufe haben, haben verbindliche Kooperationen mit anderen Institutionen.
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