Proteste in Griechenland
Demonstrationen gegen Sparpolitik / Merkel will Euro-Austritt verhindern
»Das Land befindet sich am kritischsten Punkt, in der ernsthaftesten Prüfung, die es jemals in den letzten Jahrzehnten zu bestehen hatte«, sagte der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras am Samstag bei der Eröffnung der Internationalen Messe von Thessaloniki. Die Krise sei auch dort spürbar, gingen die Aktivitäten gegenüber dem Vorjahr doch um 40 Prozent zurück. Um die »Katastrophe« eines Austritts aus der Eurozone abzuwenden, müsse vor allem die Glaubwürdigkeit Griechenlands wiederhergestellt werden. Dies aber sei nur über die schnelle Umsetzung aller mit den Gläubigern vereinbarten Maßnahmen erreichbar. Zugleich versicherte der Regierungschef, dass die neuen Kürzungen und Einsparungen die letzten Einschnitte bei Löhnen und Renten seien.
Während Samaras seine Rede hielt, protestierten in der nordgriechischen Hafenstadt Zehntausende Menschen mit mehreren Demonstrationen gegen die Fortsetzung der Kürzungspolitik, die das Land in der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten hält. Der Vorsitzende der größten linken Oppositionspartei im Parlament SYRIZA, Alexis Tsipras, forderte den Ministerpräsidenten auf, endlich jene Verantwortlichen zu nennen, die »das Land in die Katastrophe treiben«. Auf der Kundgebung der parteinahen Gewerkschaftsfront PAME zweifelte die Generalsekretärin der Kommunistischen Partei (KKE), Aleka Papariga, die Zusage des Regierungschefs an, nach dem neuen Sparpaket würde es keine Lohn- und Rentenkürzungen mehr geben.
Die jetzt geplanten Einschnitte sind Voraussetzung für die Auszahlung der überfälligen jüngsten Rate der Griechenland gewährten Darlehen in Höhe von 31,5 Milliarden Euro. Hiesigen Medienberichten zufolge dürfte die Troika Änderungen der Sparpläne fordern; ihrer Einschätzung nach fehlen Einsparungen in Höhe von zusätzlich zwei Milliarden Euro. Am Sonntagabend wollte Samaras mit den Koalitionsspitzen zusammentreffen; heute ist ein Treffen mit der Gläubiger-Delegation geplant.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will angeblich ein drittes Hilfsprogramm für das angeschlagene Mittelmeerland unbedingt verhindern - weil sie im Bundestag dafür keine Mehrheit bekäme. Stattdessen solle das bisherige Hilfsprogramm umgeschichtet werden, weiß »Der Spiegel« zu berichten. Merkel sei fest entschlossen, Griechenland in der Eurozone zu halten. Ein Ausscheiden könnte einen ähnlichen Domino-Effekt auslösen wie die Pleite der Lehman-Bank und Deutschland rund 62 Milliarden Euro kosten.
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