Proteste in Griechenland

Demonstrationen gegen Sparpolitik / Merkel will Euro-Austritt verhindern

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
Zehntausende Griechen protestierten am Wochenende vor den Gesprächen der Vertreter von EU, IWF und EZB mit Finanzminister Stournaras über das neue Sparpaket von 11,5 Milliarden Euro gegen den sozialen Kahlschlag im Land.

»Das Land befindet sich am kritischsten Punkt, in der ernsthaftesten Prüfung, die es jemals in den letzten Jahrzehnten zu bestehen hatte«, sagte der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras am Samstag bei der Eröffnung der Internationalen Messe von Thessaloniki. Die Krise sei auch dort spürbar, gingen die Aktivitäten gegenüber dem Vorjahr doch um 40 Prozent zurück. Um die »Katastrophe« eines Austritts aus der Eurozone abzuwenden, müsse vor allem die Glaubwürdigkeit Griechenlands wiederhergestellt werden. Dies aber sei nur über die schnelle Umsetzung aller mit den Gläubigern vereinbarten Maßnahmen erreichbar. Zugleich versicherte der Regierungschef, dass die neuen Kürzungen und Einsparungen die letzten Einschnitte bei Löhnen und Renten seien.

Während Samaras seine Rede hielt, protestierten in der nordgriechischen Hafenstadt Zehntausende Menschen mit mehreren Demonstrationen gegen die Fortsetzung der Kürzungspolitik, die das Land in der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten hält. Der Vorsitzende der größten linken Oppositionspartei im Parlament SYRIZA, Alexis Tsipras, forderte den Ministerpräsidenten auf, endlich jene Verantwortlichen zu nennen, die »das Land in die Katastrophe treiben«. Auf der Kundgebung der parteinahen Gewerkschaftsfront PAME zweifelte die Generalsekretärin der Kommunistischen Partei (KKE), Aleka Papariga, die Zusage des Regierungschefs an, nach dem neuen Sparpaket würde es keine Lohn- und Rentenkürzungen mehr geben.

Die jetzt geplanten Einschnitte sind Voraussetzung für die Auszahlung der überfälligen jüngsten Rate der Griechenland gewährten Darlehen in Höhe von 31,5 Milliarden Euro. Hiesigen Medienberichten zufolge dürfte die Troika Änderungen der Sparpläne fordern; ihrer Einschätzung nach fehlen Einsparungen in Höhe von zusätzlich zwei Milliarden Euro. Am Sonntagabend wollte Samaras mit den Koalitionsspitzen zusammentreffen; heute ist ein Treffen mit der Gläubiger-Delegation geplant.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will angeblich ein drittes Hilfsprogramm für das angeschlagene Mittelmeerland unbedingt verhindern - weil sie im Bundestag dafür keine Mehrheit bekäme. Stattdessen solle das bisherige Hilfsprogramm umgeschichtet werden, weiß »Der Spiegel« zu berichten. Merkel sei fest entschlossen, Griechenland in der Eurozone zu halten. Ein Ausscheiden könnte einen ähnlichen Domino-Effekt auslösen wie die Pleite der Lehman-Bank und Deutschland rund 62 Milliarden Euro kosten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -