Pendler sollen am Bahnhof parken

ADAC präsentierte Konzept fürs Umsteigen bereits vor der Berliner Stadtgrenze

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

200 000 Brandenburger pendeln täglich zur Arbeit nach Berlin. Die Hälfte von ihnen könnte dazu bewogen werden, vor der Stadtgrenze das Auto stehen zu lassen und in einen Zug umzusteigen, wenn nur endlich genug attraktive Parkplätze vorhanden wären, meint der Automobilclub ADAC. Das würde pro Tag 500 000 Liter Kraftstoff sparen und den Ausstoß von 1000 Tonnen CO2 vermeiden. Gestern stellte ADAC-Vorstand Volker Krane ein Konzept vor.

Weil auf vielen Dörfern nur hin und wieder ein Bus fährt, sind die Pendler gezwungen, das Auto zu nehmen. Der Zufahrtsstraßen der Hauptstadt sind deswegen verstopft, Abgase verpesten die Luft. Halteverbote und Parkgebühren sind aber nach Ansicht des ADAC allein nicht geeignet, die Innenstadt vom Verkehrschaos zu befreien, denn mangels Alternative würden die Pendler trotzdem mit dem Pkw kommen und auf der Suche nach einem Parkplatz noch mehr Benzin verbrauchen, mit ihren Fahrzeugen noch mehr Schadstoffe ausstoßen.

Der Vorschlag des Automobilclubs: Es sollen an den Bahnhöfen rund um Berlin vier große und viele kleine Park+Ride-Plätze (P+R) entstehen. Die vier großen müssten in Berlin-Buch im Norden, Hoppegarten-Birkenstein im Osten, Großbeeren im Süden und Seegefeld im Westen gebaut werden. In Berlin-Buch, wo Autofahrer bisher wild am sumpfigen Wegesrand neben dem S-Bahnhof parken, würde sich der alte Güterbahnhof als Gelände anbieten. In Seegefeld stünde eine Wiese zur Verfügung. Hier wäre es allerdings erforderlich, die S-Bahn von Berlin-Spandau nach Falkensee zu verlängern. Pläne dazu liegen jedoch aus finanziellen Grünen auf Eis. Die Autofahrer sollen nach den Vorstellungen des ADAC das Fahrzeug möglichst schon vor der Stadtgrenze abstellen. Die dann notwendige Monatskarte ABC ist jedoch 18 Euro teurer, weshalb Pendler versuchen, noch nach Berlin hineinzufahren und erst dort auf Bus und Bahn umzusteigen. Deshalb schwebt dem Automobilclub ein Rabattsystem vor, das die Mehrkosten ausgleicht. So könnte, wer zwei Monate lang immer werktags die Schranken des P+R-Parkplatzes passiert, die 18 Euro erstattet bekommen.

Für Pendler, die weniger als fünf Kilometer von Bahnhöfen entfernt wohnen, wünscht sich der ADAC Fahrradstellplätze. Zusätzlich sollten an Autobahnen Parkplätze entstehen, wo sich Kraftfahrer treffen, um dann mit einem einzigen Pkw weiter zu fahren. Auch das würde die Berliner Straßen entlasten. Als Standorte für solche Treffpunkte schlägt der ADAC den Autohof an der A 9 bei Linthe, eine Wiese an der A 13 bei Duben und ein Gewerbegebiet an der A 24 bei Fehrbellin vor.

Der Bau aller Parkplätze würde zusammen 15 Millionen Euro kosten, wobei die S-Bahn-Anbindung von Falkensee nicht mitgerechnet ist. Der Preis ließe sich noch reduzieren, wenn private Investoren beteiligt werden, meinte Krane. Er kritisierte den angeblich »fehlenden politischen Willen«.

Das brandenburgische Verkehrsministerium kann jedoch keine große Meinungsverschiedenheit feststellen. Der Bedarf sei groß, bestätigte Sprecher Jens-Uwe Schade. »Darauf wurde und wird reagiert.« So seien seit 1995 an 180 Standorten insgesamt 14 500 moderne Fahrradstellplätze geschaffen worden, wofür 7,25 Millionen Euro Fördergeld flossen. Der Ausbau laufe und wenn Mittel verfügbar seien, würde das Land auch den Bau weiterer Parkplätze unterstützen.

Dass P+R funktioniert, selbst wenn der Parkplatz »hässlich« ist, zeigt sich dem ADAC-Verkehrsexperten Jörg Becker zufolge am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. Dort parkten Bürger bereits zu DDR-Zeiten unter der Autobahnbrücke und stiegen in die Züge. Die neuen Parkplätze sollten aber schöner gestaltet und vielleicht mit Geschäften versehen werden. Beleuchtung würde das Sicherheitsgefühl verbessern, findet Becker. Was die Angst vor Diebstahl oder Beschädigung des Fahrzeugs auf einem P+R-Platz betreffe, so ereignen sich solche Straftaten anderswo nicht seltener, sagte Becker. Das Konzept für Berlin ließe sich in kleinerem Maßstab auf Städte wie Potsdam, Cottbus, Brandenburg/Havel und Eberswalde übertragen.

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