Wowereits Erfolgsgeschichte
Opposition kritisiert zweite Regierungserklärung zum neuen Flughafen scharf
»Aufsichtsrat wird allzu oft mit Schirmherrschaft verwechselt«, spottete die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses. Es wurde eine scharfe Debatte, nachdem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zur Erklärung der massiven Probleme des größten Infrastrukturprojektes in Berlin und Brandenburg bereits zum zweiten Mal ans Pult musste. Einen Rücktritt als Aufsichtsratschef lehnte Wowereit ab. »Verantwortung wahrnehmen heißt aber nicht, die Brocken hinzuschmeißen«, sagte er.
Im kürzesten Auftritt aller Redner forderte Piraten-Fraktionschef Christopher Lauer von Wowereit am Schluss aber ganz einfach »ordentliche, nachvollziehbare und transparente« Arbeit. »Sparen Sie sich die Show, regieren Sie. Beweisen sie, dass sie als Krisenmanager ihr Amt wert sind.«
Schon vom Platz aus hatte Wowereit erklärt, mit der Kündigung des technischen Direktors und des Generalplaners seien die notwendigen Konsequenzen aus der mehrmals verschobenen Eröffnung gezogen worden. Gerade auch als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft versuchte er, den Blick nach vorn zu lenken. »Ja, es sind Fehler gemacht worden - auch große und ärgerliche.« Er bitte um Entschuldigung. Nur durch solide und verlässliche Arbeit sei Vertrauen zurückzugewinnen. Der BER sei und bleibe jedoch eine »Erfolgsgeschichte«, die wolle er fortschreiben«, versicherte er einem zum Teil verblüfften Plenum.
Verlässlichkeit sei mit dem neuen Technikchef Horst Ammann hergestellt, zählte Wowereit auf. Der neue Eröffnungstermin 27. Oktober 2013 sei wie die bereits verstrichenen ein Votum der Techniker und der Baubeteiligten vor Ort. Zudem sei das Finanzierungskonzept klar. Allerdings gebe es »keinen Grund zur Entwarnung«. So sei Sorge zu tragen, dass die Planungen umgesetzt werden. Dabei blieben Entrauchungsanlage und Kabeltrassen das Hauptproblem. Die EU-Kommission müsse der Erweiterung des Finanzierungsrahmens noch zustimmen.
Eine »Erfolgsgeschichte« vermutete Linksfraktionschef Udo Wolf allerdings nur dann, »wenn etwas geklappt hat«. Immer noch zu klären bleibe, wer schuld sei und was wann gewusst habe. Die Finanzierung, für die im Haushaltsnotlageland Berlin angeblich keine neuen Schulden nötig seien, kritisierte er als »absolut lächerlich«. Der Finanzsenator »findet zufällig in der Portokasse« über 440 Millionen Euro für den BER. Aber das Sozialticket werde verteuert. Es sei absurd, dass für sozialpolitische Maßnahmen kein Geld da sei. Ob der Senat das Parlament und die Öffentlichkeit getäuscht habe, fragte Wolf.
Ramona Pop sprach vom »größten Schaden seit der Pleite der Bankgesellschaft«. Die Grünen hätten kein Vertrauen in Klaus Wowereit, dass er das Projekt zum Erfolg führen kann.
»Die Probleme sind groß und sie werden Schritt für Schritt gelöst«, blieb SPD-Fraktionschef Raed Saleh diesmal immerhin auf der Linie seines Spitzenmannes im Roten Rathaus. Die Regierungsfraktionen stünden »absolut geschlossen hinter dem Projekt«, assistierte CDU-Fraktionschef Florian Graf.
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