Eiszeit Sommernacht

Jan Bosse inszenierte Tschechows »Platonow« am Thalia Theater Hamburg

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.

Erstaunlich, aber »Platonow« wurde erst 1923 im Nachlass gefunden. Nun erst erschienen auch Übersetzungen. Über das ausufernde Stückfragment hatte Anton Tschechow notiert: »Ohne Titel«. Es passt in jene »Enzyklopädie des russischen Lebens«, die sein Lebensthema war. Das Scheitern aller Glückserwartungen an der Mechanik der Zeit. Der Riss zwischen Ich und Welt kommt zu Wort: »Ich brauche kein Glück. Vor allem brauche ich nicht dieses Glück.«

Mit »Platonow« gelingt Tschechow - gerade in der Fragmenthaftigkeit - ein Porträt des modernen Intellektuellen, der Nietzsche und Dostojewski in sich trägt, ohne mit ihnen wirklich etwas anfangen zu können. Hier wird nichts mehr erwartet, nur noch gewartet. Der Lebensekel wächst, wie auch die Kälte, nicht nur anderen, auch sich selbst gegenüber. Ebenso jedoch der Klarblick vor Strukturen, die uns beherrschen und mächtiger werden, je weiter sie sich in die Anonymität zurückziehen.

Wer ist Plat...


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