Saakaschwilis Stern sinkt

Georgiens Präsident fürchtet bei den Wahlen um seine Parlamentsmehrheit

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Georgien wählt am 1. Oktober ein neues Parlament. Danach wird nichts mehr sein wie zuvor.

Ab 2013 wird Georgiens neues Parlament mit größeren Befugnissen ausgestattet sein: Verfassungsänderungen, die 2010 beschlossen wurden - auch mit den Stimmen der Opposition - sehen vor, die Allmacht des Staatschefs zu beschneiden. Nach den Präsidentenwahlen im Oktober 2013 treten die Änderungen in Kraft. Ein Großteil der derzeitigen Kompetenzen des Präsidenten gehen dann an den Regierungschef, er und sein Kabinett aber werden vom Parlament gewählt.

Beobachter vermuten, Präsident Michail Saakaschwili werde sich um den Posten des Premiers bewerben. Dafür muss seine Hausmacht, die Vereinte Nationale Bewegung, ihre Mehrheit bei den Wahlen für die Nationalversammlung am 1. 0ktober verteidigen. Derzeit kontrolliert sie 119 der insgesamt 150 Mandate. Im neuen Parlament dagegen werden 190 Volksvertreter sitzen, 107 davon werden über Listen der Parteien gewählt.

Saakaschwili selbst hatte diese Veränderungen auf den Weg gebracht, in der Hoffnung, damit die Konflikte innerhalb der zerstrittenen Opposition weiter anzuheizen. Seine beiden Juniorpartner sowie zwei Oppositionsparteien stimmten zu. Sechs weitere lehnten ab und schlossen ein Bündnis, das jedoch schon im Oktober 2011 zerbrach. Doch dann schwor der Multimilliardär Bidzina Iwanischwili - einst mit Saakaschwili auf gutem Fuß stehend - die wichtigsten Kräfte der Opposition auf eine neue Allianz ein: Georgiens Traum. Sie peilt bei der Abstimmung am 1. Oktober die relative Mehrheit von 40 Prozent an und damit den Auftrag zur Regierungsbildung. Es könnte klappen. Trotz unbestreitbarer Erfolge bei der politischen und wirtschaftlichen Modernisierung Georgiens sinkt Saakaschwilis Stern seit Jahren.

Schon im Herbst 2007, als er Proteste seiner Gegner mit Hunderttausenden Teilnehmern mit Wasserwerfern auflöste, entging er seiner Amtsenthebung nur durch vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen. Seine Gegner, allen voran Ex-Parlamentschefin Nino Burdschanadse, einst Saakaschwilis engste Verbündete bei der Rosenrevolution und dann von diesem trickreich ausgebootet, warfen ihm massive Behinderung der Opposition und Manipulation der Wahlergebnisse vor. Auch westliche Beobachter attestierten ihrem einstigen Hoffnungsträger zwar Fortschritte, demokratische Standards wurden aus ihrer Sicht dennoch erneut um Längen verfehlt. Vor allem aber: Die Nation hat die Niederlage im Krieg mit Russland im August 2008, in dessen Ergebnis Moskau Georgiens abtrünnige Regionen Südossetien und Abchasien als unabhängig anerkannte, nicht verziehen. Zumal auch westliche Beobachter inzwischen zu der Ansicht neigen, Saakaschwili sei der Angreifer gewesen.

Derart in Bedrängnis setzt dieser erneut auf Korrektur des Wählerwillens zu seinen Gunsten. Langzeitbeobachter, darunter die Außenminister von fünf EU-Neumitgliedern - Bulgarien Lettland, Litauen, Rumänien und Tschechien - monieren, dass Saakaschwili die Nachrichten staatlicher und staatsnaher TV-Sender qua Präsidentenamt als Alleinunterhalter bestreitet. Heftig kritisieren sie auch Versuche seiner Hausmacht, politische Gegner gezielt zu diskreditieren.

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