Für Frieden und Sicherheit

Alternativer Nobelpreis für Menschenrechtsaktivisten aus Afghanistan, den USA, Großbritannien und der Türkei

  • Lesedauer: 3 Min.
Den Alternativen Nobelpreis 2012 teilen sich die afghanische Menschen- und Frauenrechtsaktivistin Sima Samar, der US-Konfliktforscher Gene Sharp und eine britische Kampagne gegen den weltweiten Waffenhandel. Das teilte die Stiftung Right Livelihood Award gestern in Stockholm mit. Den Ehrenpreis erhält der türkische Umweltaktivist Hayrettin Karaca.
Vier Preisträger - eine Klammer: Einsatz für Frieden und Sicherheit. Ole von Uexküll, Direktor der Stiftung Right Livelihood Award, brachte es auf den Punkt: Die diesjährigen Preisträger würden die »Grundbedingungen für globalen Frieden und Sicherheit« verdeutlichen: »Effektiver gewaltloser Widerstand sowie die Erkenntnis, dass die Waffenindustrie Teil des Problems ist, Menschen- und insbesondere Frauenrechte und die Bewahrung unserer ökologischen Ressourcen.«

Unter den drei Preisträgern, die sich die 150 000 Euro Preisgeld teilen, ist der US-Amerikaner Gene Sharp. Er wird für die von ihm entwickelten Strategien und Handlungsanweisungen für gewaltlosen Widerstand prämiert. Der 84-Jährige sei der weltweit bekannteste Experte auf dem Gebiet. Der Politikwissenschaftler habe diesem Engagement sein gesamtes akademisches Leben gewidmet. Seine Ideen seien von sozialen Bewegungen in der ganzen Welt übernommen worden, wie im arabischen Frühling, in Myanmar (Burma), Serbien und zuletzt auf dem Tahrir-Platz in Ägypten. Die Preisjuroren feiern ihn als »Machiavelli der Gewaltlosigkeit«. Als 25-Jähriger ging Sharp für Kriegsdienstverweigerung während des Korea-Krieges ins Gefängnis. 1983 gründete er in Boston das Albert-Einstein-Institut zur Erforschung gewaltfreier Aktions- und Widerstandsformen. Er hat auch Regierungen darüber beraten, wie man gewaltlosen Widerstand bei einer militärischen Invasion organisieren könnte. Sharp ist in diesem Jahr für den Friedensnobelpreis nominiert, der am 12. Oktober bekanntgegeben wird.

Auf der Liste für den diesjährigen Friedensnobelpreis steht die britische »Kampagne gegen Waffenhandel« (CAAT) nicht. Ihr Ansehen schmälert das nicht. Seit 1974 setzten sich die Mitglieder für die Einstellung britischer Waffenexporte ein. Durch ihre Öffentlichkeitsarbeit habe Großbritannien die Subventionen für Waffenhersteller eingeschränkt. »CAAT hat die Korruption, die Scheinheiligkeit und die tödlichen Konsequenzen dieser Geschäfte deutlich gemacht.« Für ihre innovativen und wirkungsvollen Kampagnen werden sie deshalb von der Right Livelihood Award Stiftung mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Unter den Preisträgern ist auch die afghanische Ärztin Sima Samar. Ihre Auszeichnung ist nach Ansicht des Afghanistan-Experten Thomas Ruttig ein »wichtiges politisches Signal zur rechten Zeit«. Samar arbeite als Vorsitzende der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (AIHRC) in einer »zunehmend unfreundlichen Umgebung«, sagte der Ko-Direktor des Afghanistan Analysts Network (AAN) dem »nd«. Es gehe darum, »Afghanistan angesichts des westlichen Truppenrückzugs nicht zu vergessen.« Denn AIHRC-Mitarbeiter »beklagen seit einigen Jahren auch einen Rückgang der Unterstützung durch die demokratischen Staaten des Westens«, sagte Ruttig.

Die Kommission gerate immer stärker unter den Druck von Mudschahedin, die in der Regierung von Präsident Hamid Karsai sitzen. 2009 hätten sich die Mudschahedin im Parlament zum Unwillen von Samar eine Selbstamnestie verliehen. Karsais enge Bindung an die Mudschahedin sei offensichtlich, so Ruttig. Die Regierung habe zum Beispiel die Veröffentlichung von AIHRC-Recherchen zum Thema Kriegsverbrechen durch frühere Mudschahedin verhindert. Viele Probleme des Landes seien noch ungelöst. »Und zu vielen hat der fehlgeleitete westliche Einsatz verschärfend beigetragen.«

Einen Ehrenpreis erhält der 90-jährige türkische Naturschutzpionier Hayrettin Karaca für seinen langjährigen Einsatz für Umweltschutzbelange in seiner Heimat. Einmal mehr zeigt die Verleihung, dass es Alternativen gibt - selbst beim Nobelpreis. Der Alternative Nobelpreis wird seit 1980 vergeben. Er soll Menschen und Organisationen unterstützen, die »praktische und beispielgebende Antworten« auf drängende Herausforderungen der Gegenwart geben. Gestiftet wurde der Preis vom deutsch-schwedischen Publizisten Jakob von Uexküll aus dem Erlös seiner Briefmarkensammlung. Die Preise 2012 sollen am 7. Dezember im schwedischen Parlament verliehen werden.
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