Erdrauch gegen Schuppenflechte

Nicht alle angebotenen Therapien gegen die Volkskrankheit sind ausreichend erforscht

  • Volker Stahl und Britta Warda
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.
Zwischen zwei und vier Millionen Menschen leiden in der Bundesrepublik unter der Hautkrankheit mit dem medizinischen Fachausdruck »Psoriasis«, der Schuppenflechte. Das Wort »Psoa« stammt aus dem griechischen und bedeutet »ich kratze«. Die Krankheit gehört keinesfalls zu den modernen Zivilisationskrankheiten, sondern wird bereits im Alten Testament erwähnt.
Bei der Schuppenflechte wandern die Zellen sieben Mal schneller in die oberste Hautschicht als bei einer gesunden Haut. Das führt zu der typisch silbrigen Schuppenbildung auf scharf begrenzten Hautarealen. Doch nicht alles, was schuppt, ist auch automatisch eine Psoriasis. Die Diagnose sollte auf jeden Fall ein Arzt stellen. Die Krankheit tritt meist schubweise auf. Sie kann chronisch über einen langen Zeitraum hinweg verlaufen oder aber nur einmalig auftreten und dann für immer abheilen. Die Erscheinungsformen der Psoriasis sind sehr vielfältig.
Eine der unangenehmsten Varianten ist die »Psoriasis-Arthritis«, die Gelenke befällt und oft mit starken Schmerzen verbunden ist. Die Schuppenflechte kann in jedem Alter auftreten, meist geschieht es jedoch während der Pubertät und zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Die auslösenden Faktoren sind nur teilweise erforscht. Alkohol, Medikamentenkonsum und Stress begünstigen den Ausbruch der Krankheit. Als gesichert gilt, dass die Anlage vererbt wird. Die Psoriasis ist ursächlich - nach dem heutigen Stand der Wissenschaft - nicht heilbar. Es stehen aber eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Symptome zu lindern oder sie sogar für einen langen Zeitraum zum Verschwinden zu bringen. Die Betroffenen müssen mit Hilfe des Arztes selbst herausfinden, welche Therapie ihnen am besten hilft.
Ein moderner Behandlungsansatz ist die Therapie mit Fumarsäureestern. Der Wirkstoff aus der Pflanze mit dem deutschen Namen »Erdrauch« wird in Tablettenform verabreicht. Speziell bei Patienten mit großflächiger Ausbreitung der Krankheit kann eine Linderung oder sogar das völlige Verschwinden der Symptome erreicht werden - die Verträglichkeit des Medikaments vorausgesetzt. Ein Klinikaufenthalt ist dabei allerdings unumgänglich, da mitunter starke Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auftreten. Das Blutbild muss ständig überwacht werden, weil Leber und Nieren angegriffen werden können. Die Tabletten müssen ein Leben lang eingenommen werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Ebenfalls neu ist die Interferenzstromtherapie. Das Forschungszentrum Karlsruhe hat sie in Zusammenarbeit mit der Universitätshautklinik in Mannheim entwickelt und getestet. Zwölf Patienten mit Psoriasis palmaris - so nennt man die Schuppenflechte an den Händen - wurden über einen Zeitraum von drei Monaten mit Reizstrom im Wasserbad behandelt. Bei elf der zwölf Probanden war der Befall abgeheilt oder deutlich reduziert. Der niedrige Wechselstrom soll das gestörte Immunsystem der Haut korrigieren. Leider reicht diese kleine Studie nicht aus, um von einem Durchbruch in der Behandlung zu sprechen. »Weitere ausgiebige Studien müssen die bisherigen Erfolge bestätigen, bevor die Patienten darauf hoffen dürfen«, betont Prof. Wolfram Sterry, Generalsekretär der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Das ist auch der Grund, warum für diese Therapieform noch keine Zulassung durch den Kostenträger vorliegt.
In Mode gekommen ist seit einiger Zeit die Behandlung durch so genannte »Doktorfische«, die Karpfen (Cyprinidae). Diese Tiere fressen die abgestorbenen Zellen von den befallenen Hautarealen. Allerdings liegen zurzeit keine wissenschaftlichen Studien vor, die eine therapeutische Wirkung über eine gründliche Entschuppung hinaus belegen. Die »Knabber-Fische« stammen aus der Türkei. Züchter verkaufen die »schwimmenden Ärzte« für viel Geld an Psoriatiker, die sich ihre Erkrankung zu Hause »wegknabbern« lassen wollen. Der Nutzen für den Menschen ist umstritten, aber auch unter tierrechtlichen Aspekten sind diese Geschäfte sehr fragwürdig. Man benötigt etwa 50 Fische, um einen brauchbaren Effekt zu erzielen. Vorraussetzung für die artgerechte Haltung der Tiere ist ein 1500 Liter fassendes Aquarium mit 35 Grad warmem, ständig strömendem Wasser. Auch die angebotenen Kuren schneiden im Kosten-Nutzen-Vergleich eher negativ ab. Die Patienten sollen acht Stunden am Tag im Pool mit den Fischen baden - und das für mindestens drei Wochen. Um das ertragen zu können, brauchen die Betroffenen schon eine recht stabile Psyche.
Informationen:
Deutsche Dermatologische Gesellschaft, Letzter Hasenpfad 51, 60598 Frankfurt/Main, Tel: (0699)609095
Deutscher Psoriasis Bund e.V Oberaltenallee 20a, 22081 Hamburg, Tel. (040)223399-0 Fax. (040)223399-22,
Internet: www.ma.uni-heidelb...

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