Schule für Pfeifenraucher

Handgefertigte Exemplare aus der Schauwerkstatt

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor zehn Jahren stopfte sich Nils Thomsen seine erste Pfeife. Doch irgendwann langte es ihm. Nicht, weil es ihm nicht schmeckte. Aber oft bekam er nicht das Rauchgerät, das ihm vorschwebte. Da begann der Mann von der Ostseeküste kurzerhand, selbst preiswerte Pfeifen umzubauen. Jetzt fertigt der 46-Jährige auch eigene Kreationen: »Ich bin der einzige Pfeifenmacher in Berlin.« Freehands heißen die handgearbeiteten Pfeifen, für die Liebhaber 2000 bis 3000 Euro hinblättern. Nils Thomsen will die Schwellenangst vor der angeblichen »Wissenschaft des Pfeiferauchens« nehmen - und den Schreck vor teuren Modellen: »Eine gute Pfeife gibt es schon für 50 Euro.« Pfeifen aus Meerschaum, Pfeifen aus Wurzelholz, Pfeifen aus Mais. Kleine Pfeifen, große Pfeifen, mit geradem oder gebogenem Mundstück aus Bernstein, Acryl, Kautschuk oder Ebonit (das Material, aus dem auch Bowlingkugeln bestehen). »Der potenzielle Pfeifenraucher ist im Grundsatz-Stress«, findet Thomsen. Geduldig erklärt er: »Der Einsteiger muss lernen, eine Pfeife zu rauchen und mit ihr umzugehen. Das ist wie eine Fahrschule für Pfeifenraucher.« Wer bis dato nur Zigaretten zwischen den Lippen hatte, muss sich umgewöhnen. Pfeifenrauch wird nämlich nicht inhaliert, sondern »über die Mundhöhle rezipiert«. Die Rauchkonzentration im Mund ist größer, Zunge und Rachen brennen. Der Pfeifenbauer: »Da musst du durch. Das ist die Härtephase. Die dauert etwa 14 Tage.« Dazu komme das Einrauchen. Wichtig sei: Pfeifen dürfen nicht zu heiß werden. Zweite Regel: Frischen, milden und aromatisch duftenden Tabak verwenden. Da empfiehlt der Kenner einen mit Vanille aromatisierten Tabak. Die Geschmacksvarianten sind schier unerschöpflich: Mögen Sie es lieber nussig oder mit Honig? Soll das Rauchkraut nach Whisky, Portwein, Backpflaumen oder gar Rosenblättern schmecken? Alles möglich! In einer »in Deutschland einmaligen Schauwerkstatt« (offizielle Eröffnung am 15.Oktober) hinter seinem Geschäft im UFA-Palast Treptow kann jeder zuschauen, wie aus einem klobigen Stück Bruyèreholz eine Pfeife entsteht. Bruyère ist das harte Wurzelholz der wild wachsenden Baumheide (Erica arborea) und eignet sich wegen seiner hohen Brennfestigkeit ideal zur Herstellung von guten Pfeifen. Dann werden die Kanteln genannten Holzstücke herausgeschnitten, am besten aus dem äußeren Bereich, gleich unter der Borke. Möglichst fehlerfrei sollte der Kantel sein, ohne Sandeinschlüsse. Eine schöne Maserung sollte ebenfalls vorhanden sein, denn »die natürliche Maserung soll die Formgebung betonen«. Das schlägt auf den Preis. Zumal sich diese Baumheide, die man beispielsweise auf Korsika findet, nicht kultivieren lasse. Pfeifenbauer Thomsen: »Das ist wie Trüffel suchen.« In seiner Werkstatt findet sich manch Bruyère-Trüffel, den Thomsen (»Ich heiße Toomsen, nicht Tommsen. Ich komme von der Küste«) ganz nach Kundenwunsch bearbeitet. Drehbänke, Bohrer, Feilen, Schleifscheiben, Laubsägen, Öle, Firnis braucht der Pfeifenmann dazu. Mindestens einen Tag dauert es, bis eine Pfeife ihre Grundform hat.

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