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»Möwe«-Nudeln feiern 50-Jähriges
Zu DDR-Zeiten unüblich: Das Teigwarenwerk in Waren versuchte neue Märkte zu erschließen
Seit 50 Jahren ist die »Möwe« bei Nudel-Liebhabern in der Küche zu Hause. Trotz maroder Technik war das Teigwarenwerk in Waren an der Müritz schon zu DDR-Zeiten erfolgreich, und dann wurden für Devisen sogar italienische Maschinen gekauft.
Ursprünglich sollte das Warenzeichen der bekannten ostdeutschen Nudelmarke »Möwe« eine sich überschlagende Welle mit einer kleinen Möwe darüber sein. Wobei die Müritz-Welle als Kernstück des Logos gedacht war. So wollten die Mitarbeiter einen Bezug zum Städtchen »Waren« an der Müritz herstellen. Doch vor 50 Jahren empfand die damalige stellvertretende Ministerin dieses Logo als Gemälde und lehnte es ab. Übrig blieb die Möwe, die seitdem in den Kochtöpfen des Landes zu Hause ist. Begonnen hat alles im Jahr 1952. Aus dem ehemaligen Kartoffelflockenwerk entstand das Teigwarenwerk. »Mit ganz primitiven Mitteln haben wir hier am Standort Waren mit der Produktion begonnen«, erinnert sich Horst Höft, der 40 Jahre im Unternehmen als Materialbeschaffer tätig war. Die Arbeit war zum einen gekennzeichnet von ständigem Mangel an Zutaten und zum anderen von maroder Technik. Das verlangte den dort Arbeitenden allerhand ab. So mussten die Mehlsäcke mit Sackkarre und per Hand über verschiedene Ebenen transportiert werden. »Und wenn mal Ware in Mengen kam, hieß es auch für die Mitarbeiter im Büro mitanzupacken«, erinnerte sich Höft. Anfangs waren es etwa 10 bis 15 Tonnen Nudeln, die das Möwe Teigwarenwerk in Waren pro Tag verließen. Weil aber die Warener Nudel großen Erfolg auf dem Markt hatte, erlaubte die Staatsführung einen Griff in das Devisen-Portmonee und kaufte 1955 eine moderne italienische Anlage für die Produktion von Kurznudeln, und es folgten weitere Anlagen. »Damit erzielten wir eine Steigerung der Produktion von beinahe 330 Prozent«, erinnerte sich Höft. Die Müritzstadt verließen mit Installation dieser Anlagen etwa 40 bis 50 Tonnen Nudeln täglich. Dennoch war nicht alles eitel Sonnenschein. »Wir trafen uns jeden Morgen um 7.30 Uhr zu einer operativen Beratung«, erzählte der Materialbeschaffer. Grund dafür waren immer wieder Engpässe bei der Beschaffung von Kartonagen, Folien, Volleipulver oder anderen Zutaten. Ein weiteres Problem waren die Mehllieferungen. »Die Qualität entsprach einfach nicht den Anforderungen«, erinnerte sich Höft. Und dann gab es in den sechziger Jahren Absatz-Probleme. »Ich weiß noch genau, wie mich die Großhändler angesehen haben, als ich bei denen mit unseren Nudeln vor der Tür stand«, berichtet der Warener schmunzelnd. Schließlich habe es in der ehemaligen DDR etwa 12 Teigwarenwerke gegeben, die allesamt ihren zu versorgenden Bereich hatten. Es sei unüblich gewesen sich neue Märkte zu erschließen. »Doch wir mussten uns ja etwas einfallen lassen, um unsere Makkaroni und Spaghetti, die ja dank der modernen Anlagen in Größenordnung produziert wurden, loszuwerden.« Ein weiteres Mal wurde 1986 in den Warener Standort investiert, mit dem Ergebnis, dass täglich 65 bis 70 Tonnen Teigwaren das Möwe-Werk verließen, etwa 15 Prozent in Richtung Afrika, in arabische Länder und die Bundesrepublik. Mitte der Achtziger brachte das Unternehmen ein neues Produkt auf den Markt: einen Kartoffel-Snack. »Auf einer umgebauten Plastemaschine haben wir aus Kartoffel-Pelletts Snacks hergestellt«, erinnerte sich der frühere Möwe-Mitarbeiter. Allerdings, so machte er deutlich, konnte die Produktion nicht in der benötigten Menge erfolgen. Verkauft wurde diese Knabberei ausschließlich in den Exquisit-Läden. Und auch dort nur unter dem Ladentisch. Mit der Wende wurde das Unternehmen zunächst in eine GmbH umgewandelt und kooperierte mit dem westdeutschen Unternehmen »3 Glocken«. 1991 kaufte die holländische CSM den Betrieb. Zahlreiche Investitionen steigerten den Umsatz auf 31 Millionen Mark im Jahr. Die Zahl der Mitarbeiter wurde drastisch reduziert und ging auf 50 Beschäftigte zurück. Im Jahr 1999 erfolgte die zweite Privatisierung. Drei Beschäftigte des Unternehmens übernahmen das Möwe-Teigwarenwerk. Es entstanden neue Markennamen wie »Himmlische Nudeln« oder die Mikroalgen-Nudel »Spirulina«. Im Oktober 2001 erfolgte der Zusammenschluss mit dem Marktführer der Nudelbranche »Birkel«. Die Marke »Möwe« wird es weiter geben und aus der Müritzstadt Waren, werden weiter »Himmlische Nudeln« auf die Reise gehen, so jedenfalls das Versprechen der Unternehmensführung. Insgesamt 20000 ...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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