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»...und sagen Sie nicht, dass es nicht geht«

Fraueninitiative aus Lauchhammer erhielt den erstmals verliehenen Regine-Hildebrandt-Preis

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf einer Festveranstaltung am ersten Todestag der brandenburgischen SPD-Politikerin und früheren Sozialministerin Regine Hildebrandt im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt wurde gestern erstmals der nach ihr benannte Preis verliehen. Erhalten hat ihn die Fraueninitiative »Gleich und Berechtigt« e.V. aus Lauchhammer. Die vom SPD-Parteivorstand ausgelobte und mit 20000 Euro dotierte Auszeichnung soll jährlich an Einzelpersonen oder Gruppen vergeben werden, die sich ganz im Sinne von Regine Hildebrandt im besonderen Maße für die Menschen in Ostdeutschland einsetzen und dazu beitragen, die Einheit von Ost und West tatsächlich zu vollenden. Eine Jury wählte aus den zahlreichen Bewerbern für den Regine-Hildebrandt-Preis die Fraueninitiative aus Lauchhammer aus, weil sie es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht hat, Frauen im Alltag zu fördern und zu fordern - ganz im Sinne der »Stimme des Ostens«, wie die an Krebs gestorbene Politikerin genannt wurde. Die Fraueninitiative »Gleich und Berechtigt« e.V. wurde im Juli 1991 von acht Frauen mit dem Ziel gegründet, mehr für die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu tun. Zudem wollten sie Frauen Schutz vor Gewalt in der Familie bieten. Erstes Projekt war das Frauenhaus, das 1992 mit 20 Plätzen eröffnet wurde. Ein Jahr später entstand das Frauenzentrum »Horizont«, eine Bildungseinrichtung speziell für Frauen. In der »MädchenBude«, die es seit 1995 gibt, können sich junge Frauen und Mädchen beraten lassen und ihre Freizeit verbringen. Außerdem gibt es noch die zum Verein gehörende »Regionale Kontaktstelle für Selbsthilfe und Interessengruppen« für den Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Derzeit arbeiten sechs fest angestellte Frauen und vier geringfügig Beschäftigte im Verein. 20 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen leiten Selbsthilfegruppen oder übernehmen Bereitschaftsdienste. Mit dem Preisgeld sollen zwei Arbeit-statt-Sozialhilfe-Stellen kofinanziert werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der gemeinsam mit Ingrid Stolpe die Ehrung im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt vornahm, sagte, dass dieser Preis das Andenken an Regine Hildebrandt wach halten und die Botschaft, die für deren politisches und gesellschaftliches Wirken so zentral war, weitertragen soll. Die Politikerin habe stets dafür gekämpft, »dass wir die deutsche Einheit der Menschen in Solidarität begreifen«, so Schröder. Er nutzte die Gelegenheit, seine Spar- und Reformpolitik zu verdeutlichen, die darauf ziele, »unter radikal veränderten« weltwirtschaftlichen Bedingungen »Gemeinsinn, Solidarität und Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum zu bewahren«. Solidarität, wie man sie in den Tagen und Wochen nach der Flutkatastrophe erfahren habe, müsse sich im Alltag fortsetzen. Dafür habe Regine Hildebrandt mit ihrer Arbeit eine gute Grundlage geschaffen. »Erzählt mir doch nicht, dass es nicht geht...«, sei einer ihrer berühmtesten Sätze gewesen, sagte der Kanzler. »Ein Satz, der nichts an Aktualität verloren hat, wenn man bedenkt, wie Interessengruppen und Lobbyisten wortreich begründen, was alles auf keinen Fall gemacht werden kann - und warum eigentlich grundsätzlich alles nicht geht.« Wie recht er damit hat, und wie sehr er sich diesen Satz selber hinter den Spiegel stecken sollte, erfuhr er nur kurze Zeit später aus dem Munde einer der Geehrten. Ines Eichhorn, Vorstandsmitglied der Fraueninitiative »Gleich und Berechtigt« e.V. sagte, diese Auszeichnung betrachte sie als Anerkennung für jahrelange Arbeit, die häufig ein harter Kampf um Mittel zur Fortführung von Mädchen- und Frauenprojekten gewesen sei und immer noch ist. An den Kanzler gewandt sagte sie, dass weitere Einsparungen im sozialen Bereich nicht mehr zu akzeptieren seien. Sie forderte ihn auf, auch weiterhin dafür so sorgen, dass Frauenprojekte unterstützt werden, und sie fügte an: »Und sagen Sie nicht, dass es nicht geht!«

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