TECO-Immobilien alias Kolja Poppe treibt weiter Unwesen

  • Antje Grabenhorst
  • Lesedauer: ca. 4.5 Min.

Die Berliner »TECO Immobilien GmbH« alias »Kolja Poppe Immobilien Vermittlung« verdient an Stellensuchenden. Arbeitslose zahlen dafür, dass sie umsonst arbeiten dürfen. Hunderte Stellensuchende sind auf teure Schulungsseminare hereingefallen, der Staatsanwalt hat gegen die Berliner Firma bisher keine Anklage erhoben

Gut sechs Jahre trieb die TECO Immobilien GmbH in Berlin ihr Unwesen. Im Herbst wurde das Firmenschild ausgewechselt. Jetzt prangt dort der Name »Kolja Poppe Immobilien«. Das zwielichtige Arbeitsschema ist indessen geblieben.
Arbeitssuchende - die, animiert durch Stellenanzeigen in Tageszeitungen und Stadtmagazinen - hier arbeiten möchten, werden erst mal zur Kasse gebeten. 590 Euro »Kaution« für ein Schulungsseminar werden fällig. Nach der ersten Immobilien-Vermittlung, so das gängige Versprechen, soll das Geld zurückerstattet werden. Und ständig werden drei bis fünfzehn Neulinge geschult, um so der Arbeitslosigkeit zu entrinnen.
Erfolgreiche Wohnungs-Vermittlungen sind mit den Adress-Listen der Firma indes schier unmöglich, weil die Adressen veraltet sind. Zudem besitzt die Kolja Poppe Immobilienvermittlung keinen Maklerauftrag - weder seitens der Vermieter noch der Wohnungssuchenden.

Feiner Zwirn und schicker Firmensitz
Doch das erfahren die Stellensuchenden nicht, wenn sie den schicken Firmensitz in der Keithstraße 14 in Berlin-Schöneberg betreten. Ein Herr »im feinen Zwirn«, wie ein Betroffener berichtete, erklärt nur, dass es um Wohnungsvermittlung gehe. Innerhalb eines »überregionalen Immobilien- und Interessentenpools« könnten Adressen von Wohnungssuchenden leicht mit einer passenden Wohnung zusammen gebracht werden. Voraussetzung sei allerdings die Teilnahme an einem Seminar. Dieses, so die Anpreisung, sei so professionell, dass die Konkurrenz gern all ihre Mitarbeiter dort schulen lassen würde. Nur die in bar oder per Scheck zu zahlende Kaution könne das verhindern.
Nichts als »eine Firmenpräsentation und so das Geld nicht wert«, urteilen Betroffene später. Eine Architektin, die als Fachfrau eigentlich ohne Seminar arbeiten wollte, sagte später erbost: »Fachlich wurde mir dort nichts geboten. Den Teilnehmern wurde nicht mal erzählt, dass sie für Wohnungsvermittlungen eine Maklererlaubnis nach §34c der Gewerbe-Ordnung brauchen.« Die aber erteilen in Berlin nur die Gewerbe- oder die Wirtschaftsämter in den einzelnen Bezirken. Die dafür erhobenen Gebühren variieren je nach Vermittlungsgegenstand und Bundesland. Der Regelsatz in der Hauptstadt beträgt der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge 562 Euro.
Nach dem Seminar müssen die Neulinge zwei Wohnungen ausmessen und Datenblätter ausfüllen. Dabei erfahren sie meist, dass die Wohnungen bereits so gut wie vermietet sind. So klappern die betrogenen und ahnungslosen frisch gebackenen Immobilienvermittler telefonisch ihre wertlosen, meist veralteten Adressenlisten aus den Immobilienbeilagen der Tageszeitungen ab. Sowohl Vermieter als auch frühere Wohnungs-Interessenten können ihren Ärger über die Telefonbelästigung kaum noch unterdrücken. Den Neulingen bleiben horrende Telefongebühren - dank der vielen Handy-Telefonnummern.

Staatsanwalt ermittelt seit über einem Jahr
Einige Betroffene gingen zur Rechtsberatung der Berliner Verbraucherzentrale, die mindestens 7,50 Euro kostet, auch wenn sie letztlich nur einen Artikel aus dem »Mieter-Echo« bekamen. Doch zumindest fanden sie so das »TECO-Geschädigten-Treffen«, das dank der Initiative von Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft zum Treffpunkt für Stellensuchende wurde, die sich von TECO alias Kolja Poppe wegen irreführender Jobangebote betrogen fühlen. Sie vermuten, dass sich das Unternehmen aus den Seminar-Gebühren finanziert. Rund fünfzehn Opfer erstatteten Anzeige. Seit über einem Jahr ermitteln die Hamburger und die Berliner Staatsanwaltschaft. Bisher wurde keine Anklage erhoben.
Dabei informierte die Berliner Mieter-Gemeinschaft bereits seit dem Sommer 2001 über die Machenschaften von TECO. Hierdurch aufmerksam gemacht, warnte die Verbraucherzentrale Berlin immerhin im September 2002 in einer Pressemeldung vor TECO. Doch da firmierte selbige bereits unter neuem Namen: »Kolja Poppe Immobilien Vermittlung«.
Anfang November 2002 berichtete die Hamburger Morgenpost, dass die dortige TECO-Niederlassung ihr Büro aufgegeben habe und unter neuem - allerdings unbekannten - Namen an einem anderen Ort residiere. Ob es wie in früheren Jahren weitere Niederlassungen - womöglich unter anderen Namen - gibt, ist unklar.
Doch das Berliner Arbeitsamt entfernte erst nach einer Anfrage des ND am 5. Dezember dieses Jahres die Angebote von Kolja Poppe Immobilien aus ihrem Stellen-Informations-System (SIS). Und ungeachtet dessen veröffentlichen Berliner Tageszeitungen wie BZ, Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung und Stadtmagazine wie Tip und Zitty weiterhin die irreführende Stellenofferte »Immobilienbüro sucht Menschen, die gerne gepflegte Wohnungen besichtigen (auch branchenfremd). 030-21965333.«
Beim jüngsten »TECO-Geschädigten-Treffen« berichteten Opfer, dass Kontakte zwischen den Neulingen durch ständige Aufsicht in den Poppe-Firmenräumen behindert wurden. Sie wurden freundlich behandelt, bis das bezahlte Seminar vorbei war. Wer sich später wegen der wertlosen Listen beschwerte, wurde als Versager hingestellt, unter anderem von Marsea Planja, laut TECO-Schulungsunterlagen »Ansprechpartnerin für alle Fragen zu Mietwohnungen, Interessenten, Arbeitsmaterial«. Ein Mitarbeiter beispielsweise hatte 45 Wohnungen besichtigt und 185 Interessenten gesprochen - ohne Erfolg. Nach entsprechenden
Verbesserungsvorschlägen erhielt er die Kündigung.

ver.di will Betroffene künftig unterstützen
Manfred Birkhahn, Berliner Bezirksleiter der Gewerkschaft ver.di, zeigte sich am Ende des TECO-Treffens über die Dimension dieses Unwesens erschrocken. Er wunderte sich, »dass die Betroffenen nicht handgreiflich werden« und riet allen zu einem Gang zum Arbeitsgericht, denn dies koste wenig Gebühren. An gemeinsamen Aktionen gegen die Firma werde sich ver.di in Zukunft beteiligen.
Von dem ermittelnden Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch sind die TECO- und Poppe-Opfer schwer enttäuscht. Solange er nichts gegen die Verantwortlichen der Firmen unternimmt, fallen täglich jeden Tag neue auf das Pseudo-Stellenangebot rein. Die Pressestelle der Berliner Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt und gibt keine Auskünfte darüber, wie intensiv ermittelt wird. Einer der »Geleimten« - ein ehemaliger Mitarbeiter der Berliner Bankgesellschaft - kommentiert verärgert die langsamen Ermittlungsbehörden: »Wie im Großen, so im Kleinen« - und spielt auf den Skandal um die Berliner Bankgesellschaft an, der das Land Milliarden Euro kostet. Auch hier wird seit einem dreiviertel Jahr ermittelt, während weiter Geld vernichtet wird und die Schuldigen unbehelligt bleiben.
Rat für Betroffene bei: Joachim Oellerich, Berliner Mieter-Gemeinschaft: Möckernstr. 92, 10963 Berlin, Telefon 030/215 90 99, Internet: www.bmg.ipn.de, Email: bmg-ag@ipn.de

Gut sechs Jahre trieb die TECO Immobilien GmbH in Berlin ihr Unwesen. Im Herbst wurde das Firmenschild ausgewechselt. Jetzt prangt dort der Name »Kolja Poppe Immobilien«. Das zwielichtige Arbeitsschema ist indessen geblieben.
Arbeitssuchende - die, animiert durch Stellenanzeigen in Tageszeitungen und Stadtmagazinen - hier arbeiten möchten, werden erst mal zur Kasse gebeten. 590 Euro »Kaution« für ein Schulungsseminar werden fällig. Nach der ersten Immobilien-Vermittlung, so das gängige Versprechen, soll das Geld zurückerstattet werden. Und ständig werden drei bis fünfzehn Neulinge geschult, um so der Arbeitslosigkeit zu entrinnen.
Erfolgreiche Wohnungs-Vermittlungen sind mit den Adress-Listen der Firma indes schier unmöglich, weil die Adressen veraltet sind. Zudem besitzt die Kolja Poppe Immobilienvermittlung keinen Maklerauftrag - weder seitens der Vermieter noch der Wohnungssuchenden.

Feiner Zwirn und schicker Firmensitz
Doch das erfahren die Stellensuchenden nicht, wenn sie den schicken Firmensitz in der Keithstraße 14 in Berlin-Schöneberg betreten. Ein Herr »im feinen Zwirn«, wie ein Betroffener berichtete, erklärt nur, dass es um Wohnungsvermittlung gehe. Innerhalb eines »überregionalen Immobilien- und Interessentenpools« könnten Adressen von Wohnungssuchenden leicht mit einer passenden Wohnung zusammen gebracht werden. Voraussetzung sei allerdings die Teilnahme an einem Seminar. Dieses, so die Anpreisung, sei so professionell, dass die Konkurrenz gern all ihre Mitarbeiter dort schulen lassen würde. Nur die in bar oder per Scheck zu zahlende Kaution könne das verhindern.
Nichts als »eine Firmenpräsentation und so das Geld nicht wert«, urteilen Betroffene später. Eine Architektin, die als Fachfrau eigentlich ohne Seminar arbeiten wollte, sagte später erbost: »Fachlich wurde mir dort nichts geboten. Den Teilnehmern wurde nicht mal erzählt, dass sie für Wohnungsvermittlungen eine Maklererlaubnis nach §34c der Gewerbe-Ordnung brauchen.« Die aber erteilen in Berlin nur die Gewerbe- oder die Wirtschaftsämter in den einzelnen Bezirken. Die dafür erhobenen Gebühren variieren je nach Vermittlungsgegenstand und Bundesland. Der Regelsatz in der Hauptstadt beträgt der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge 562 Euro.
Nach dem Seminar müssen die Neulinge zwei Wohnungen ausmessen und Datenblätter ausfüllen. Dabei erfahren sie meist, dass die Wohnungen bereits so gut wie vermietet sind. So klappern die betrogenen und ahnungslosen frisch gebackenen Immobilienvermittler telefonisch ihre wertlosen, meist veralteten Adressenlisten aus den Immobilienbeilagen der Tageszeitungen ab. Sowohl Vermieter als auch frühere Wohnungs-Interessenten können ihren Ärger über die Telefonbelästigung kaum noch unterdrücken. Den Neulingen bleiben horrende Telefongebühren - dank der vielen Handy-Telefonnummern.

Staatsanwalt ermittelt seit über einem Jahr
Einige Betroffene gingen zur Rechtsberatung der Berliner Verbraucherzentrale, die mindestens 7,50 Euro kostet, auch wenn sie letztlich nur einen Artikel aus dem »Mieter-Echo« bekamen. Doch zumindest fanden sie so das »TECO-Geschädigten-Treffen«, das dank der Initiative von Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft zum Treffpunkt für Stellensuchende wurde, die sich von TECO alias Kolja Poppe wegen irreführender Jobangebote betrogen fühlen. Sie vermuten, dass sich das Unternehmen aus den Seminar-Gebühren finanziert. Rund fünfzehn Opfer erstatteten Anzeige. Seit über einem Jahr ermitteln die Hamburger und die Berliner Staatsanwaltschaft. Bisher wurde keine Anklage erhoben.
Dabei informierte die Berliner Mieter-Gemeinschaft bereits seit dem Sommer 2001 über die Machenschaften von TECO. Hierdurch aufmerksam gemacht, warnte die Verbraucherzentrale Berlin immerhin im September 2002 in einer Pressemeldung vor TECO. Doch da firmierte selbige bereits unter neuem Namen: »Kolja Poppe Immobilien Vermittlung«.
Anfang November 2002 berichtete die Hamburger Morgenpost, dass die dortige TECO-Niederlassung ihr Büro aufgegeben habe und unter neuem - allerdings unbekannten - Namen an einem anderen Ort residiere. Ob es wie in früheren Jahren weitere Niederlassungen - womöglich unter anderen Namen - gibt, ist unklar.
Doch das Berliner Arbeitsamt entfernte erst nach einer Anfrage des ND am 5. Dezember dieses Jahres die Angebote von Kolja Poppe Immobilien aus ihrem Stellen-Informations-System (SIS). Und ungeachtet dessen veröffentlichen Berliner Tageszeitungen wie BZ, Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung und Stadtmagazine wie Tip und Zitty weiterhin die irreführende Stellenofferte »Immobilienbüro sucht Menschen, die gerne gepflegte Wohnungen besichtigen (auch branchenfremd). 030-21965333.«
Beim jüngsten »TECO-Geschädigten-Treffen« berichteten Opfer, dass Kontakte zwischen den Neulingen durch ständige Aufsicht in den Poppe-Firmenräumen behindert wurden. Sie wurden freundlich behandelt, bis das bezahlte Seminar vorbei war. Wer sich später wegen der wertlosen Listen beschwerte, wurde als Versager hingestellt, unter anderem von Marsea Planja, laut TECO-Schulungsunterlagen »Ansprechpartnerin für alle Fragen zu Mietwohnungen, Interessenten, Arbeitsmaterial«. Ein Mitarbeiter beispielsweise hatte 45 Wohnungen besichtigt und 185 Interessenten gesprochen - ohne Erfolg. Nach entsprechenden
Verbesserungsvorschlägen erhielt er die Kündigung.

ver.di will Betroffene künftig unterstützen
Manfred Birkhahn, Berliner Bezirksleiter der Gewerkschaft ver.di, zeigte sich am Ende des TECO-Treffens über die Dimension dieses Unwesens erschrocken. Er wunderte sich, »dass die Betroffenen nicht handgreiflich werden« und riet allen zu einem Gang zum Arbeitsgericht, denn dies koste wenig Gebühren. An gemeinsamen Aktionen gegen die Firma werde sich ver.di in Zukunft beteiligen.
Von dem ermittelnden Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch sind die TECO- und Poppe-Opfer schwer enttäuscht. Solange er nichts gegen die Verantwortlichen der Firmen unternimmt, fallen täglich jeden Tag neue auf das Pseudo-Stellenangebot rein. Die Pressestelle der Berliner Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt und gibt keine Auskünfte darüber, wie intensiv ermittelt wird. Einer der »Geleimten« - ein ehemaliger Mitarbeiter der Berliner Bankgesellschaft - kommentiert verärgert die langsamen Ermittlungsbehörden: »Wie im Großen, so im Kleinen« - und spielt auf den Skandal um die Berliner Bankgesellschaft an, der das Land Milliarden Euro kostet. Auch hier wird seit einem dreiviertel Jahr ermittelt, während weiter Geld vernichtet wird und die Schuldigen unbehelligt bleiben.
Rat für Betroffene bei: Joachim Oellerich, Berliner Mieter-Gemeinschaft: Möckernstr. 92, 10963 Berlin, Telefon 030/215 90 99, Internet: www.bmg.ipn.de, Email: bmg-ag@ipn.de


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.