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Güterverkehr unter den Pyrenäen
Neuer Somport-Tunnel bleibt umstritten
Der Somport-Tunnel durch die Pyrenäen wurde jetzt feierlich dem Verkehr übergeben. Kritiker befürchten starke Belastungen für die Umwelt.
Eigentlich sollten der französische Staatspräsident Jacques Chirac und Spaniens König Juan Carlos kommen, um den neuen Somport-Autotunnel durch die Pyrenäen einzuweihen. Doch wegen erwarteter Proteste schnitten nur die Verkehrsminister der beiden Länder und die EU-Kommissarin für Transport und Energie, Loyola de Palacio, am Wochenende feierlich das Band durch. Der neue Tunnel ist 8600 Meter lang, wovon der Großteil, 6000 Meter, auf spanischer Seite liegt. Im gleichen Verhältnis wurden die Baukosten von 275 Millionen Euro unter beiden Ländern aufgeteilt. Der 4,5 Meter hohe und 10,5 Meter breite Tunnel, auf dessen zwei Richtungsfahrbahnen für Personenautos und Lastwagen einheitlich eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80 gilt, kann vorläufig kostenlos benutzt werden. Er erlaubt, die Strecke über den 1632 Meter hohen Somport-Pass zu umgehen. Mit dem Personenauto spart man etwa 20 Minuten, mit dem Lastwagen 50 Minuten ein. Gegenüber der ursprünglichen Planung erhöhten sich die Baukosten um 100 Millionen Euro, denn nach dem Brand im Mont-Blanc-Tunnel 1999 wurde sicherheitstechnisch massiv nachgerüstet. So gibt es hier alle 200 Meter eine abgeschlossene und durch Überdruck geschützte Fluchtnische für Autofahrer. Außerdem wurden 18 Querverbindungen zu einem parallel verlaufenden ehemaligen Bahntunnel gebohrt, der seit 1981 stillgelegt ist und der jetzt bei einem Brand als Fluchtweg dienen kann. Der neue Tunnel verfügt über starke Absaug- und Frischluftvorrichtungen. Über seine ganze Länge wurden Videokameras und Rauchmelder für die Tunnelaufsicht sowie elektronische Anzeigetafeln zur Information der Autofahrer installiert. Doch obwohl der Somport gegenwärtig technisch wohl der modernste Tunnel Europas sein dürfte, ist er umstritten. Weil er das malerische Aspe-Tal zu einem »Lastwagentunnel« zu machen droht, protestierten Umweltverbände jahrelang gegen das Vorhaben. Deren Mitglieder haben viele Tausend winzige Geländestücke auf dem Weg zum Tunnel gekauft, um den Bau zu behindern. Dagegen waren die Vertreter der örtlichen Wirtschaft und die meisten Kommunalpolitiker für den Tunnelneubau. Dass die Bürgermeister der 13 Gemeinden des Tals die feierliche Eröffnung boykottierten, hatte einen anderen Grund: die unzureichende Straßenanbindung des Tunnels auf französischer Seite. Während auf spanischer Seite die zum Tunnel führende Nationalstraße 330 großzügig ausgebaut wurde, tat man auf französischer Seite bisher fast nichts. So können auf der alten Nationalstraße 134 an vielen Stellen zwei Lastwagen nicht aneinander vorbei fahren. Für eine Modernisierung nach europäischen Normen bräuchte man mindestens 140 Millionen Euro, aber erst 40 Millionen sind für den Zeitraum bis 2006 eingeplant. Nach Einschätzung des Verkehrsministeriums in Paris könnte sich der Ausbau bis zum Jahr 2018 hinziehen. An eine Autobahn ist auf keinen Fall gedacht, weil das Tal in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Bisher nutzten nur wenige Lkw die Strecke über den Sompon-Pass. Doch da der neue Tunnel die kürzeste Verbindung zwischen dem französischen Pau und dem spanischen Saragossa darstellt, rechnet man jetzt mit einem Sogeffekt und Steigerungsraten von bis zu 35Prozent pro Jahr. Insgesamt durchqueren heute täglich 15000 Lastwagen die Pyrenäen, ihre Zahl steigt pro Jahr um 9Prozent. Zuletzt wurden zwischen Frankreich und Spanien 84 Millionen Tonnen Güter pro Jahr transportiert, davon 54Prozent mit Lastwagen, 43Prozent mit Küstenschiffen und 3Prozent mit der Bahn. Bis 2020 dürfte sich die Gütermenge auf jährlich 220 Millionen Tonnen erhöhen. Um dem gewachsen zu sein, wird bereits über einen zentralen Pyrenäen-Bahntunnel mit einer Länge von 40 Kilometer nachgedacht, dessen Bau fünf Milliarden Euro kosten soll. Doch da es darüber weder Beschlüsse noch konkrete Planungen gibt, kann man mit der Übergabe eines solchen Großprojektes nicht vor 2025 rechnen. Befürworter der Bahn als »rollende Landstraße« für Lkw verweisen darauf, dass der parallel zum neuen Somport-Straßentunnel verlaufende Bahntunnel, der 1970 für den Güterverkehr und 1981 auch für Personenzüge stillgelegt worden war, rasch modernisiert werden könnte. Die Kosten dafür wurden zunächst auf 100 Millionen Euro geschätzt, dann jedoch von den wichtigsten Bahnunternehmen auf 300 Millionen Euro hochgerechnet. Da Politiker vor Ort diese Summe für überzogen halten und ein Gegengutachten fordern, rückt eine Entscheidung in weite Ferne. Doch selbst wenn mit dem Umbau sofort begonnen würde, könnte diese Verbindung ni...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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