Arbeitsverhältnis: Pflichten des erkrankten Arbeitnehmers

  • Dr. PETER RAINER
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Ist der Arbeitnehmer erkrankt und hat die Krankheit zur Folge, dass er zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten nicht in der Lage ist, so soll er dennoch nicht schlechter gestellt werden, als wenn er arbeiten würde. Er hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bzw. auf Krankengeld.
Dieser Rechtsanspruch ist allerdings nur dann gegeben, wenn sich der Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähigkeit gesundheitsförderlich verhält. Das bedeutet, dass er den Anordnungen des Arztes Folge leistet und alles unterlässt, was die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verzögern oder gefährden könnte.

Arbeitsunfähigkeit kein Hausarrest

Aktivitäten des Arbeitnehmers während seiner Arbeitsunfähigkeit, die den Heilungsprozess unterstützen, stehen hingegen nicht in Widerspruch zu den Leistungen des Betriebes oder der Krankenkasse. Dennoch ist der Patient oft verunsichert, was er in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit unternehmen darf und was nicht. Antwort auf diese Frage finden wir in der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung.

Was ist erlaubt und vertretbar?

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer seine Lebensführung auf die Anforderungen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einzurichten. Krankheit und Arbeitsunfähigkeit müssen aber nicht in jedem Fall gleichbedeutend mit Bettlägerigkeit und häuslicher Ruhe sein. Aus einem Spaziergang, dem Einkaufen oder sogar einer gewissen körperlichen Anstrengung beim Sport können keine Schlussfolgerungen gezogen werden, dass der Arbeitnehmer seinen Heilungsprozess gefährdet. Ein Kinobesuch oder ein Essen im Restaurant sind ebenfalls unter der Bedingung vertretbar, dass die Genesung nicht gehemmt wird.
Die Entscheidung darüber, was der Patient darf und was nicht, hängt immer von der Krankheit und der individuellen Situation ab.

Bei Ortswechsel Arzt konsultieren

Das gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit den Wohnort verlassen bzw. auch für eine gewisse Zeit verreisen darf. Ein Klimawechsel kann z.B. durchaus die Genesung fördern, nicht dagegen ein strapaziöser Langstreckenflug. In jedem Fall sollte sich der Patient bei Ortswechsel vom Arzt schriftlich zusichern lassen, dass die Reise und der Aufenthalt an einem anderen Ort den Heilungsprozess nicht beeinträchtigt.
Bezieht der Arbeitnehmer bereits Krankengeld, dann ist neben dem Arbeitgeber auch die Krankenkasse vom Reisewunsch zu informieren.
Was gehört zum unzulässigen Verhalten? Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers führt nicht zu einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Zu den Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gehört während der Arbeitsunfähigkeit alles zu unterlassen, was zu einem Missbrauch der vorübergehenden Befreiung von der Pflicht zur Arbeitsleistung führen könnte.
Unzulässig wäre z.B. übermäßiger Alkoholgenuss, nächtelanger Kneipenbummel, Tätigkeit in einem Fremdbetrieb, umfangreiche Reparaturarbeiten am Haus oder am Kraftfahrzeug, Erntearbeiten in erheblichem Umfang, eine mehrtägige unangekündigte Reise usw.
All dies und ähnliche Verhaltensweisen könnten zu ernsthaften und begründeten Zweifeln an einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers Anlass geben.

Ist eine Kündigung möglich?

Sind solche Umstände gegeben, so können sie dazu führen, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld verliert. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild wird der Arbeitgeber der zuständigen Krankenkasse mitteilen. Er wird in begründeten Missbrauchsfällen sein Leistungsverweigerungsrecht sowie das Recht, das Verhalten des Arbeitnehmers durch den Medizinischen Dienst begutachten zu lassen, in Anspruch nehmen.

Fehlverhalten ist zu beweisen

Ein fortdauerndes schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers während der Erkrankung kann nach erfolgter Abmahnung auch zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Kommt es zu einem Streitfall vor Gericht, so wird allerdings der Arbeitgeber die Umstände, die zu einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers führten, sowie eventuelle Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit des...

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