Erstes Ziel: Finanzkraft der Kommune stärken
Gerlinde Stobrawa (PDS) gewann klar die Bürgermeisterwahl im Kurort Bad Saarow
Mit 63 Prozent der Stimmen wurde die PDS-Landtagsabgeordnete Gerlinde Stobrawa am vergangenen Sonntag zur ehrenamtlichen Bürgermeisterin von Bad Saarow gewählt. Die Wahl war nötig geworden, weil Enrico Jentsch (CDU) das Amt wegen einer Stelle im Ort aufgab, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Die 54-jährige Gerlinde Stobrawa (PDS) ist Lehrerin, seit 1990 Landtagsabgeordnete, verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.
ND: Glückwunsch. Hatten Sie mit einem solchen Ergebnis gerechnet?Stobrawa: Nein, bestenfalls mit einer Stichwahl.
Wer waren die Mitbewerber?
Mit mir hatten sich der Rentner Dr. Peter Muscholl (CDU), der Unternehmer Toni Haberschuss und der Immobilienhändler Jörn Budde (beide parteilos) beworben. Muscholl und Budde konnten jeweils rund 15 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, Haberschuss sieben.
Worauf führen Sie dieses klare Votum der Bad Saarower zurück?
Seit ich vor zwölf Jahren in die Region zog, habe ich mich sowohl als Landtags- als auch als Kreistagsabgeordnete sehr für die Entwicklung der Region eingesetzt. Viele haben mir gesagt, sie hätten mich deshalb gewählt, weil ich von allen Bewerbern die größte Kompetenz habe. Besonders freut mich, dass mir nicht nur PDS-Wähler, auch Mitglieder der SPD und CDU ihre Stimme gaben. Ich denke, auch die Tatsache, dass ich meinen Wahlkampf nicht über Anzeigenkampagnen, sondern fast ausschließlich über Einzelgespräche geführt habe, überzeugte viele.
Bad Saarow gilt gemeinhin als Vorzeigekommune, dennoch hört man in letzter Zeit immer mehr Hiobsbotschaften in Hinsicht auf die wirtschaftliche Situation.
Die Entwicklung von Bad Saarow seit 1990 ist wirklich vorzeigenswert. Ein moderner Kurort entstand, Zigmillionen Euro flossen in den Bau von Therme, Kureinrichtungen, die Entwicklung der Infrastruktur. VieleHäuser wurden saniert. Die Leute leben gern hier, Wegzüge sind die Ausnahme. Leider stimmt auch, dass manches schief gelaufen ist.
Was denn zum Beispiel?
Die vier gemeindeeigenen Unternehmen - Kur GmbH, Boden- und Dienstleistungs GmbH, Gastro GmbH und Schifffahrts GmbH - haben nicht immer streng nach dem Effektivitätsprinzip gearbeitet. Vor allem bei der Kur GmbH liefen in den letzten Jahren hohe Verluste auf. Ein Sanierungskonzept ist bereits beschlossen. Eine der wichtigsten Aufgaben wird darin bestehen, Wege zu finden, um die gemeindeeigenen Unternehmen auf wirtschaftliche Füße zu stellen und die Finanzkraft der Kommune zu stärken.
Wie soll das geschehen?
Zunächst einmal muss ein Kassensturz gemacht werden. Bislang ist unklar, was im vergangenen Jahr ausgegeben und was eingenommen wurde. Unklar ist auch noch, wie viel Geld 2003 zur Verfügung steht. Es wird derzeit davon geredet, dass die Kommune rund zwei Millionen Euro Schulden hat. Exakte Zahlen werden in etwa zwei Monaten vorliegen. Zwar kann ich für die Zukunft nicht ausschließen, dass es auch hier und da zu Erhöhungen von Gebühren und Abgaben kommen wird. Vorrang hat aber, nach Wegen zu suchen, mit dem Vermögen der Kommune besser zu wirtschaften als bisher.
Welche Überlegungen gibt es?
Der Kommune gehören zum Beispiel etliche Grundstücke. Leider gibt es nirgendwo eine Auflistung, was alles dazu gehört. Das allerdings ist Voraussetzung dafür, um Immobilien zu verkaufen oder anderweitig zu nutzen. Bislang wurden auch unsere Bodenschätze, also das Solewasser und das Moor, nur ungenügend vermarktet. Ich bin derzeit auf der Suche nach Partnern, die Ideen haben, wie man da noch mehr machen kann.
Wir werden in Zukunft auch manchen Eigentümer von Grundstücken nachdrücklich daran erinnern, dass Eigentum verpflichtet. Viele haben ihre Immobilien vorbildlich saniert, doch es gibt immer noch welche, die ihre Grundstücke einfach vor sich hingammeln lassen. Zum Teil liegen sie in bester Ortslage und rufen immer stärker den Unmut von Einwohnern und Gästen hervor. Das werden wir uns nicht länger gefallen lassen.
Seit dem 1. Januar ist die Kommune um 750 Einwohner und zwei Ortsteile größer geworden. Bad Saarow, Petersdorf und Neu Golm haben fusioniert, der Ort hat jetzt rund 4600 Einwohner. Was bringt das außer 229000 Euro »Kopfgeld«?
Wir werden effektiver zum Wohl der Kommune arbeiten können. In den drei Ortsteilen gibt es so viele engagierte Bürger, so viel Kompetenz auf den verschiedensten Gebieten, dass wir in der Fusion eigentlich nur Vorteile sehen.
Was sind die Schwerpunkte der Arbeit in diesem Jahr?
Eine der wichtigsten Aufgaben werden weitere Baumaßnahmen im Zentrum sein, vor allem der Sanierungsbeginn des Bahnhofs. Fördermittel des Landes sind zugesagt, bereits 2002 kamen durch Spenden der Bevölkerung rund 40000 Euro für die Sanierung der historischen Säulen zusammen. Derzeit bin ich auch im Gespräch mit dem Wasserverband Storkow über die Verlagerung der Trinkwasserbrunnen im Ortszentrum. Das ist Voraussetzung dafür, dass endlich mit dem Umbau zu dem seit langem geforderten Geschäftszentrum begonnen werden kann. Zusagen für Fördermittel haben wir, allerdings ist noch unklar, woher die notwendigen 20 Prozent Eigenmittel zur Kofinanzierung kommen sollen. Zu den Vorhaben für 2003 gehört auch die Weiterführung des Straßenbaus in allen Ortsteilen.
Es gibt Gerüchte über die Einstellung des Saarow-Shuttles, der die Ortsteile seit Jahren in der Saison verbindet.
Den Saarow-Shuttle soll es auch 2003 wieder geben, es ist sogar geplant, ihn künftig ganzjährig fahren zu lassen. Richtig ist, dass zum Jahresende 2002 ein Minus von 80000 Euro zu Buche stand. Derzeit gibt es Überlegungen und Gespräche, wie er künftig wirtschaftlicher fahren kann. Beispielsweise wird über die Einführung von Jahreskarten und eine finanzielle Beteiligung der Nutznießer, wie Hotels und Freizeiteinrichtungen, nachgedacht. Im Gespräch sind wir mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg über eine erweiterte Nutzung des Shuttles, beispielsweise für Touren rund um den Scharmützelsee, als Ruf- oder Fifty-Fifty-Taxi.
Sicher ist der Kurort Bad Saarow der bekannteste Ort am Scharmützelsee...
... aber eben nur einer in einer Region, die sich nur gemeinsam vermarkten kann. Da müssen wir in der Zukunft einfach mehr tun. Insbesondere im vergangenen Jahr konnte man zuweilen den Eindruck gewinnen, dass mancher Entscheidungsträger denkt, der Kurort vermarktet sich von allein.
Fragen: Heidi DiehlND: Glückwunsch. Hatten Sie mit einem solchen Ergebnis gerechnet?
Stobrawa: Nein, bestenfalls mit einer Stichwahl.
Wer waren die Mitbewerber?
Mit mir hatten sich der Rentner Dr. Peter Muscholl (CDU), der Unternehmer Toni Haberschuss und der Immobilienhändler Jörn Budde (beide parteilos) beworben. Muscholl und Budde konnten jeweils rund 15 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, Haberschuss sieben.
Worauf führen Sie dieses klare Votum der Bad Saarower zurück?
Seit ich vor zwölf Jahren in die Region zog, habe ich mich sowohl als Landtags- als auch als Kreistagsabgeordnete sehr für die Entwicklung der Region eingesetzt. Viele haben mir gesagt, sie hätten mich deshalb gewählt, weil ich von allen Bewerbern die größte Kompetenz habe. Besonders freut mich, dass mir nicht nur PDS-Wähler, auch Mitglieder der SPD und CDU ihre Stimme gaben. Ich denke, auch die Tatsache, dass ich meinen Wahlkampf nicht über Anzeigenkampagnen, sondern fast ausschließlich über Einzelgespräche geführt habe, überzeugte viele.
Bad Saarow gilt gemeinhin als Vorzeigekommune, dennoch hört man in letzter Zeit immer mehr Hiobsbotschaften in Hinsicht auf die wirtschaftliche Situation.
Die Entwicklung von Bad Saarow seit 1990 ist wirklich vorzeigenswert. Ein moderner Kurort entstand, Zigmillionen Euro flossen in den Bau von Therme, Kureinrichtungen, die Entwicklung der Infrastruktur. VieleHäuser wurden saniert. Die Leute leben gern hier, Wegzüge sind die Ausnahme. Leider stimmt auch, dass manches schief gelaufen ist.
Was denn zum Beispiel?
Die vier gemeindeeigenen Unternehmen - Kur GmbH, Boden- und Dienstleistungs GmbH, Gastro GmbH und Schifffahrts GmbH - haben nicht immer streng nach dem Effektivitätsprinzip gearbeitet. Vor allem bei der Kur GmbH liefen in den letzten Jahren hohe Verluste auf. Ein Sanierungskonzept ist bereits beschlossen. Eine der wichtigsten Aufgaben wird darin bestehen, Wege zu finden, um die gemeindeeigenen Unternehmen auf wirtschaftliche Füße zu stellen und die Finanzkraft der Kommune zu stärken.
Wie soll das geschehen?
Zunächst einmal muss ein Kassensturz gemacht werden. Bislang ist unklar, was im vergangenen Jahr ausgegeben und was eingenommen wurde. Unklar ist auch noch, wie viel Geld 2003 zur Verfügung steht. Es wird derzeit davon geredet, dass die Kommune rund zwei Millionen Euro Schulden hat. Exakte Zahlen werden in etwa zwei Monaten vorliegen. Zwar kann ich für die Zukunft nicht ausschließen, dass es auch hier und da zu Erhöhungen von Gebühren und Abgaben kommen wird. Vorrang hat aber, nach Wegen zu suchen, mit dem Vermögen der Kommune besser zu wirtschaften als bisher.
Welche Überlegungen gibt es?
Der Kommune gehören zum Beispiel etliche Grundstücke. Leider gibt es nirgendwo eine Auflistung, was alles dazu gehört. Das allerdings ist Voraussetzung dafür, um Immobilien zu verkaufen oder anderweitig zu nutzen. Bislang wurden auch unsere Bodenschätze, also das Solewasser und das Moor, nur ungenügend vermarktet. Ich bin derzeit auf der Suche nach Partnern, die Ideen haben, wie man da noch mehr machen kann.
Wir werden in Zukunft auch manchen Eigentümer von Grundstücken nachdrücklich daran erinnern, dass Eigentum verpflichtet. Viele haben ihre Immobilien vorbildlich saniert, doch es gibt immer noch welche, die ihre Grundstücke einfach vor sich hingammeln lassen. Zum Teil liegen sie in bester Ortslage und rufen immer stärker den Unmut von Einwohnern und Gästen hervor. Das werden wir uns nicht länger gefallen lassen.
Seit dem 1. Januar ist die Kommune um 750 Einwohner und zwei Ortsteile größer geworden. Bad Saarow, Petersdorf und Neu Golm haben fusioniert, der Ort hat jetzt rund 4600 Einwohner. Was bringt das außer 229000 Euro »Kopfgeld«?
Wir werden effektiver zum Wohl der Kommune arbeiten können. In den drei Ortsteilen gibt es so viele engagierte Bürger, so viel Kompetenz auf den verschiedensten Gebieten, dass wir in der Fusion eigentlich nur Vorteile sehen.
Was sind die Schwerpunkte der Arbeit in diesem Jahr?
Eine der wichtigsten Aufgaben werden weitere Baumaßnahmen im Zentrum sein, vor allem der Sanierungsbeginn des Bahnhofs. Fördermittel des Landes sind zugesagt, bereits 2002 kamen durch Spenden der Bevölkerung rund 40000 Euro für die Sanierung der historischen Säulen zusammen. Derzeit bin ich auch im Gespräch mit dem Wasserverband Storkow über die Verlagerung der Trinkwasserbrunnen im Ortszentrum. Das ist Voraussetzung dafür, dass endlich mit dem Umbau zu dem seit langem geforderten Geschäftszentrum begonnen werden kann. Zusagen für Fördermittel haben wir, allerdings ist noch unklar, woher die notwendigen 20 Prozent Eigenmittel zur Kofinanzierung kommen sollen. Zu den Vorhaben für 2003 gehört auch die Weiterführung des Straßenbaus in allen Ortsteilen.
Es gibt Gerüchte über die Einstellung des Saarow-Shuttles, der die Ortsteile seit Jahren in der Saison verbindet.
Den Saarow-Shuttle soll es auch 2003 wieder geben, es ist sogar geplant, ihn künftig ganzjährig fahren zu lassen. Richtig ist, dass zum Jahresende 2002 ein Minus von 80000 Euro zu Buche stand. Derzeit gibt es Überlegungen und Gespräche, wie er künftig wirtschaftlicher fahren kann. Beispielsweise wird über die Einführung von Jahreskarten und eine finanzielle Beteiligung der Nutznießer, wie Hotels und Freizeiteinrichtungen, nachgedacht. Im Gespräch sind wir mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg über eine erweiterte Nutzung des Shuttles, beispielsweise für Touren rund um den Scharmützelsee, als Ruf- oder Fifty-Fifty-Taxi.
Sicher ist der Kurort Bad Saarow der bekannteste Ort am Scharmützelsee...
... aber eben nur einer in einer Region, die sich nur gemeinsam vermarkten kann. Da müssen wir in der Zukunft einfach mehr tun. Insbesondere im vergangenen Jahr konnte man zuweilen den Eindruck gewinnen, dass mancher Entscheidungsträger denkt, der Kurort vermarktet sich von allein.
Fragen: Heidi Diehl
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