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Von BERNHARD SCHELLER

  • Lesedauer: 2 Min.

John Irving: Owen Meany. Roman. Aus dem Amerikanischen von Edith Nerke und Jürgen Bauer. Diogenes Verlag Zürich. 853 Seiten, Leinen, 44 DM.

worden, und es ist einzig der große Zwerg Owen Meany, der ihn zum gottesfürchtigen, weil menschengläubigen Lehrer und Literaten heranwachsen läßt.

Owen trägt nicht nur die Initialen von Oskar Matzerath, er ist auch so kurz gewachsen wie der Knirps aus den Romanen „Die Blechtrommel“ und „Die Rättin“ von Günter Grass. Überdies hat er noch die schnarrende, schier gläserbrechende Stimme - eine rätselhaft rettungsvolle Stimme. Großer menschlicher Glaube spricht aus Owens wundersamem Munde; was er sagt und tut, kann auf todernste Weise urkomisch sein und doch mehr überzeugen als Predigten und patriotische Phrasen.

Irvings zentrales Thema ist, wie bei vielen modernen USA-Autoren, die Heimatlosigkeit im eigenen Lande. Eine Anleitung, „wie man

Amerika gleichzeitig liebt und verläßt“, hat schon der zehn Jahre ältere John Updike gegeben. Aber Flucht und Exil sind ja beileibe nicht nur amerikanische Probleme; vielmehr fließen auch Irvings Europa-Erfahrungen, besonders die Erlebnisse in Osterreich, ein und prägen das melancholisch-sarkastische Weltempfinden des kosmopolitischen Schriftstellers.

Ist schon Irvings Buch „Garp und wie er die Welt sah“ (1982) gerade in Deutschland ein Kultroman geworden, so dürfte „Owen Meany“ ein lebenspraller Leitfaden für die neunziger Jahre sein - auch eine brandaktuelle Warnung, den Fall Vietnam nicht zu wiederholen. „Ein zärtliches Buch - witzig, traurig, ungestüm“, hatte Joseph Heller schon über Irvings „Wilde Geschichten vom Wassertrinker“ geurteilt, und das gilt in noch stärkerem Maße für die phantastische, von allen Mirakeln des Lebens energisch bewegte Erzählstruktur des jüngsten Romans: „Mit .Owen Meany' hat John Irving sein eigenes kleines Wunder geschaffen“, sagt respektvoll kein Geringerer als der Gruselautor Stephen King.

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