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Fritz Duda: Er malte, was er liebte und haßte – und wollte verändern

  • Lesedauer: 4 Min.

Er hat den Untergang der sozialistischen Gesellschaft, für deren Werden und Gedeihen er seine Kraft und Leidenschaft einsetzte, deren Wohl und deren Schmerzen ihn zutiefst berührten, nur um weniges überlebt. Am 13. Juli 1991 verstarb in Berlin Fritz Duda, deutscher Kommunist und Maler, im Alter von 87 Jahren.

Mit Trauer und Zorn reagierte er auf die Restauration jener Gewalten und Gestalten, die er aus der eigenen Vergangenheit so gut kannte und die er stets bekämpft hatte. Ihn bestimmten nicht Resignation und die Wehleidigkeit eines „Alles umsonst“. Ein vom Wissen um die Schwierigkeiten, Qualen und Anstrengungen künftiger Kämpfe bestätigter Mut erfüllte Fritz Duda.

Er wurde 1904 als Sohn eines Bergarbeiters im Ruhrgebiet geboren. Die schwarzen Kohlenberge, das Grau des Himmels und der Mietshäuser, das offene Aufeinanderprallen der Klassengegensätze im roten Ruhrgebiet bildeten Grunderlebnisse Dudas. Er wurde zum bewußten und leidenschaftlichen politischen Streiter seiner Klasse. Der Bergarbeiterjunge wurde zum Maler des „Kohlenpotts“.

Auf der Kunstgewerbeschule (Folkwang) in Essen traf er sozial engagierte junge Künstler, wie den Maler Pitt Rosenbaum und die Bildhauer Hermann Blumenthal und Fritz Cremer. An den Vereinigten Staatsschulen in Berlin, wo Duda 1924-1933 Malerei bei Paul Plontke und Carl Hofer studierte, trafen sie sich wieder.'Hier gründeten Fritz Duda und Fritz Cremer gemeinsam mit einigen gleichgesinnten Studenten 1930 den Roten Studentenbund an der Hochschule. Bereits im Jahr zuvor war Duda der Kommunistischen Partei Deutschlands (Opposition) beigetreten. Noch im Gründungs jähr der Arbeitsgemeinschaft revolutionärer bildender Künstler (ASSO) 1928 war er deren Mitglied geworden.

Fritz Duda mußte 1933 die Vereinigten Staatsschulen verlassen, ab 1936 durfte er auch nicht mehr ausstellen. Während der zwölf Jahre der faschistischen Diktatur war Fritz Duda ununterbrochen im Wi-r derstand tätig. Der Krieg brachte ihm auch als Maler unersetzliche Verluste: Ein Bombenangriff auf Berlin vernichtete 1944 alle in seinem Atelier vorhandenen Gemäldeund Grafiken.

Unmittelbar nach der Befreiung mühte sich Duda, die zur Überwin-

dung der Barbarei und zu einem Neuaufbau bereiten bildenden Künstler in Berlin zu mobilisieren. Aktiv im Schutzverband bildender Künstler tätig, organisierte er eine „Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Künstler“. Voller Initiative und Tatkraft suchte er nach Möglichkeiten, durch bildende Kunst auf die Gestaltung einer neuen Gesellschaft Einfluß zu nehmen. Duda favorisierte die auch organisatorische Bindung der Künstler an die Arbeiter, wie sie in der Zugehörigkeit des Schutzverbandes zur Gewerkschaft Ausdruck fand. Doch hielt das Scheitern dieser Absicht ihn nicht davon ab, im Verband Bildender Künstler über Jahrzehnte sein politisches Haupttätigkeitsfeld zu sehen. Lauterkeit, Sorgfalt und Aufrichtigkeit und Dudas unerschrockene Standfestigkeit bei vielen Konflikten trugen ihm den Ruf des „personifizierten Verbandsgewissens“ ein.

Fritz Dudas künstlerisches Werk setzt etwa 1925 ein. Praktische Teilnahme und innerste Anteilnahme am Kampf der Arbeiter sind der Grundboden jenes Erlebens der Welt, das er in seinen Bildern gestaltete. Er bildet die Klammer je-

ner Einheit des politischen Kämpfers Fritz Duda mit dem Poeten der Farbe, „der die Dinge aus der Alltagsgewohnheit in glühender Farbenpracht neu entstehen läßt.“ (Fritz Cremer).

Das Ruhrgebiet mit Hunderten von Kohlenzechen und Fördertürmen, mit schwarzen Kohlenhalden und Aschetürmen, mit einem ewig grauen, vom Kohlenstaub getränkten Himmel über den Siedlungen der Bergarbeiter war jene Landschaft, die er liebte und haßte, die er immer wieder malte und verändern wollte. Die Industrielandschaft als Ort des Lebens und Kämpfens der Bergleute findet in Dudas Farben einen klaren Ausdruck. Selbst wenn er den trüben Himmel malt, dieses Malers Farbe ist weder trüb noch stumpf, sondern kraftvoll und ausdrucksstark.

Ob bei der Darstellung der Landschaft, des arbeitenden Menschen oder der Opfer wahnwitziger imperialistischer Verbrechen - Dudas Kunst fordert zur Stellungnahme heraus. Er malt selbst die Opfer nicht nur als Aufforderung zum Mitleid, er hält ihren Widerstand fest und fordert Solidarität.

Der Maler Duda pflegte viele Genres. Wir bewundern seine Mei-

sterschaft vor allem bei Landschaften und Stilleben, Blumenstücken und Porträts. In späteren Schaffensphasen entwickelte er eine „besonders farbenprächtige Palette..., die eine fast volkskunsthafte Naivität verrät“ (Fritz Cremer). Die Liebe zur Natur, zu den Blumen, zu den Menschen und ihren alltäglichen Gegenständen ließen ihn lyrisch werden. Aber in keinem Genre wird die Widersprüchlichkeit der erlebten Wirklichkeit zur Idylle vereinseitigt. Der Poet der Farbe vollzieht auch im schönsten Blumenbild keinen Rückzug aus der gesellschaftlichen Realität.

Ob Heiterkeit und ungetrübte Lebensfreude in glühender Farbenpracht, ob düstere Bedrohung, Trauer und Mitleid in depressiven Farben - immer ringt er darum, seinem Erlebnis Ausdruck zu geben: „Echt ist das alles“, schreibt Carola Gärtner-Scholl, „ein Mensch unserer Zeit legt Bekenntnis ab, einer, der sich nichts erspart, von nichts schnell fortsieht, um es zu vergessen... Nirgendwo Phrase, Freske oder versuchte Monumentalität... Er hat etwas zu sagen, darum spricht er deutlich zu allen Menschen.“

WERNER ROHR

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