Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • ND-Folge: Wer sitzt bei der „Unabhängigen“ Parteienkommission im Rat der Götter? (II)

Die doppelte Bürde des Dr. Christian Neuling

  • Dietmar Riet
  • Lesedauer: 3 Min.

Was ist rechtens und was nicht? Während anderswo auf der Welt gewählte Volksvertretungen zumindest dem Schein nach Gesetze beschließen und erlassen, die definieren, was Recht und Unrecht ist, erledigen dies in Deutschland Kommissionen. Nicht immer, aber immer öfter. Im Falle der PDS und des „Neuen Deutschland“ gar die „Unabhängige“. Sie, die über die Vernichtung einer in freien Wahlen legitimierten Partei und einer Oppositionszeitung auf dem Verwaltungsweg entschied, untersteht dem Bundesinnenministerium. Wenn schon formal nicht unabhängig, wie frei konnte dann wer in der Parteienkommission urteilen? ND gibt in einer Beitragsfolge Einblick in die Vita von Unabhängigen: Dr. CHRISTIAN NEULING (CDU). Der Berliner bürdete sich die Last einer Doppelkarriere als Politiker und Unternehmer auf. Nur dürftig sind bundesamtliche Hinweise auf dessen Unternehmungslust: Geschäftsführer der

Paul Neuling Handelsgesellschaft mbH, der Paul Neuling Trading Verwaltungsgesellschaft, der UNIL Deutschland GmbH, der Minol Mineralölhandel AG, Mitglied des Bundesverbandes mittelständischer Mineralölunternehmen.

Ein Blick zurück zeigt, wie schwer Neuling an seiner Doppel-

Stadtreinigung 1986 und 1987 eine noch unbekannte Menge giftiger Abfälle mit falschen Deklarationen untergeschoben und damit einen Umweltskandal ausgelöst, der in Berlin ohne Beispiel ist?“ Die Justiz vermutet, daß die Geschäftsführer sich „in betrügerischer Absicht“ finanzielle Vorteile verschafften. Firmenchef: Peter Neuling, Bruder des CDU-Abgeordneten. Dieser sei nicht betroffen. Die Opposition sieht es anders: „Mit dem Einschreiten der Behörden gegen die Firmengruppe Neuling zerreißt das dichte Netz von Entschuldigungen, Ehrenworten und Ehrenerklärungen mit denen die Berliner CDU die Beteiligung der Firma ihres früheren wirtschaftspolitischen Sprechers und derzeitigen Bundestagsabgeordneten Christian Neuling an dem Umweltskandal zu verschleiern sucht.“

Kavaliersdelikte. Im Oktober 1990 empfiehlt sich Neuling als Chef des Treuhand-Bundestagsunterausschusses, einer Kontrollinstanz. Eine von Neulings wichtigsten Leitlinien: „Die Milliarden-

vermögen der SED/PDS müssen vom Staat eingezogen werden.“ Außerdem tritt er vehement ein für die Übernahme von Altlasten durch die Treuhand beim VEB-Verkauf.

Einziger Karriere-Knick des Multi-Talents bisher: Neuling muß als Vorsitzender des Treuhand-Ausschusses zurücktreten. Seit Juli 1991 besteht laut „Tagesspiegel“ im Zusammenhang mit einem Vertrag zwischen der Minol AG und der Neuling-Minol (NMC) der Verdacht auf versuchte Untreue. Die Schätzungen liegen zwischen 17 und 20 Millionen DM. Es gebe „vor allem einen der davon profitiert. Das ist jemand, der von allen Informationen erhält: aus Berlin, Bonn und Ost-Berlin“, wird ein Treuhand-Experte zitiert. Die Rede ist von Christian Neuling, damaliger Treuhand-Ausschußvorsitzender und heute noch CDU-Mitglied der „Unabhängigen“ Parteienkommission, die über Recht oder Unrecht von Eigentumserwerb zu entscheiden hat.

DIETMAR RIETZ

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -