Welche Rechte und Pflichten haben Mitglieder wenn Zahlungsunfähigkeit eintritt?

  • Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.
Als Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, die kürzlich in Insolvenz ging, interessieren mich die damit verbundenen rechtlichen Probleme. Das betrifft u.a. die verbliebenen Rechte der Genossenschaftsmitglieder nach der Insolvenz, der Verbleib der Geschäftsanteile usw. Welchen Rat können sie uns geben?
Dr. Siegfried S., Leipzig

Auch eine Genossenschaft kann zahlungsunfähig werden. Für solche Situationen gibt es umfängliche und ausgefeilte gesetzliche Bestimmungen. Dazu gehört die Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I Seite 2866). Früher war dies als »Konkursordnung« bekannt. Sie regelt mit 335 Paragrafen die Einzelheiten.

Die gesetzlichen Regelungen
Für Genossenschaften ergänzt das Genossenschaftsgesetz im 7. Abschnitt wie im Falle einer Überschuldung zu verfahren ist (§§ 98 bis 121). Das Gesetz wurde am 19. August 1994 im BGBl. I Seite 2202 bekannt gemacht. Abweichend von der allgemeinen Regelung in der InsO ist bei einer Genossenschaft die Überschuldung nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (durch Antrag beim Insolvenzgericht), wenn die Genossen »Nachschüsse« bis zu einer festgelegten Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrages der Haftsumme aller Genossen übersteigt, oder auch, wenn die Genossen keine Nachschüsse zu leisten haben bzw. die Genossenschaft aufgelöst ist. 

Auflösung bei Insolvenz
Wird eine Genossenschaft zahlungsunfähig, hat der Vorstand unverzüglich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Zahlungen dürfen nicht mehr geleistet werden. Kommt es zur Eröffnung des Verfahrens, gilt die Genossenschaft als aufgelöst.
Sie kann aber später wieder fortgeführt oder neu gegründet werden. Die Bedingungen dafür sind im Gesetz im einzelnen beschrieben.
Die Eröffnung des Verfahrens ist von Amts wegen in das Genossenschaftsregister einzutragen und öffentlich bekannt zu machen. Die Forderungen der Gläubiger sind aus dem noch vorhandenen Vermögen der Genossenschaft zu befriedigen. Gegebenenfalls müssen dann Wohngrundstücke oder Wohnungen verkauft werden. 

Was geschieht mit den Anteilen?
Zum Genossenschaftsvermögen gehören auch die Genossenschaftsanteile der Mitglieder, die in die Insolvenzmasse einzubringen sind. Von den Mitgliedern können auch Nachzahlungen zu ihren Anteilen (das sind die »Nachschüsse«) verlangt werden, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht.
Das klingt schlimmer als es ist, denn solche Nachzahlungen können nicht gefordert werden, wenn im Statut der Genossenschaft die Nachschusspflicht ausgeschlossen ist.
In einer uns vorliegenden Satzung geht das so hervor: »§19 - Nachschusspflicht. 1. Die Mitglieder haften der Genossenschaft mit den übernommenen Geschäftsanteilen. Sie haben für den Fall, dass die Gläubiger im Konkurs der Genossenschaft nicht befriedigt werden, keine Nachschüsse zur Konkursmasse zu leisten.«
Man kann wohl davon ausgehen, dass jede Genossenschaft eine derartige Haftungsbeschränkung in ihre Satzung aufgenommen hat. Es hängt von den konkreten Umständen ab, ob es in einem konkreten Fall tatsächlich notwendig wird, Genossenschaftsanteile mit einzusetzen, damit die Gläubiger befriedigt werden können.
Ist der Insolvenzfall eingetreten, darf erwartet werden, dass Vorstand, Aufsichtsrat, Vertreterversammlung und Mitgliedschaft bemüht sind, die Lage wieder in den Griff zu bekommen und die Genossenschaft zu retten.
Der Genossenschaftliche Prüfungsverband und andere Experten sind zu Rate zu ziehen. Leider können sich solche Insolvenzen über Jahre hinziehen, wenn nicht zielstrebig nach Lösungen gesucht wird.

Mietverhältnisse bleiben erhalten
Die Mietverhältnisse der Mitglieder, wie auch der Nichtmitglieder, werden vom Insolvenzverfahren nicht berührt. Sie gelten weiter fort. Schwierigkeiten könnten bei notwendigen Instandsetzungen eintreten, wenn dafür kein Geld mehr da ist.
Der Insolvenzverwalter hat die mitrechtlichen Verpflichtungen aus den laufenden Mieteinnahmen zu befriedigen.
Gibt es dabei Einschränkungen und Schwierigkeiten, müssen Genossenschaftsmieter auch gerichtliche Auseinandersetzungen in Kauf nehmen, um zu ihrem Recht zu kommen.

Erwerber darf auch kündigen
Kommt es zum Verkauf von Wohngrundstücken oder von Wohnungen die der Genossenschaft gehören, hat der Erwerber allerdings das Recht, die Mietverhältnisse, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, zum nächstmöglichen Termin zu kündigen (§111 InsO).
Auch das hört sich schlimmer an, als es ist. Unter den jetzigen Verhältnissen großen Leerstandes ist wohl jeder Vermieter ganz froh, noch Mieter zu haben. Schließlich kann im Kaufvertrag vereinbart werden, dass der Erwerber von dieser Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wird.Als Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, die kürzlich in Insolvenz ging, interessieren mich die damit verbundenen rechtlichen Probleme. Das betrifft u.a. die verbliebenen Rechte der Genossenschaftsmitglieder nach der Insolvenz, der Verbleib der Geschäftsanteile usw. Welchen Rat können sie uns geben?
Dr. Siegfried S., Leipzig

Auch eine Genossenschaft kann zahlungsunfähig werden. Für solche Situationen gibt es umfängliche und ausgefeilte gesetzliche Bestimmungen. Dazu gehört die Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I Seite 2866). Früher war dies als »Konkursordnung« bekannt. Sie regelt mit 335 Paragrafen die Einzelheiten.

Die gesetzlichen Regelungen
Für Genossenschaften ergänzt das Genossenschaftsgesetz im 7. Abschnitt wie im Falle einer Überschuldung zu verfahren ist (§§ 98 bis 121). Das Gesetz wurde am 19. August 1994 im BGBl. I Seite 2202 bekannt gemacht. Abweichend von der allgemeinen Regelung in der InsO ist bei einer Genossenschaft die Überschuldung nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (durch Antrag beim Insolvenzgericht), wenn die Genossen »Nachschüsse« bis zu einer festgelegten Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrages der Haftsumme aller Genossen übersteigt, oder auch, wenn die Genossen keine Nachschüsse zu leisten haben bzw. die Genossenschaft aufgelöst ist. 

Auflösung bei Insolvenz
Wird eine Genossenschaft zahlungsunfähig, hat der Vorstand unverzüglich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Zahlungen dürfen nicht mehr geleistet werden. Kommt es zur Eröffnung des Verfahrens, gilt die Genossenschaft als aufgelöst.
Sie kann aber später wieder fortgeführt oder neu gegründet werden. Die Bedingungen dafür sind im Gesetz im einzelnen beschrieben.
Die Eröffnung des Verfahrens ist von Amts wegen in das Genossenschaftsregister einzutragen und öffentlich bekannt zu machen. Die Forderungen der Gläubiger sind aus dem noch vorhandenen Vermögen der Genossenschaft zu befriedigen. Gegebenenfalls müssen dann Wohngrundstücke oder Wohnungen verkauft werden. 

Was geschieht mit den Anteilen?
Zum Genossenschaftsvermögen gehören auch die Genossenschaftsanteile der Mitglieder, die in die Insolvenzmasse einzubringen sind. Von den Mitgliedern können auch Nachzahlungen zu ihren Anteilen (das sind die »Nachschüsse«) verlangt werden, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht.
Das klingt schlimmer als es ist, denn solche Nachzahlungen können nicht gefordert werden, wenn im Statut der Genossenschaft die Nachschusspflicht ausgeschlossen ist.
In einer uns vorliegenden Satzung geht das so hervor: »§19 - Nachschusspflicht. 1. Die Mitglieder haften der Genossenschaft mit den übernommenen Geschäftsanteilen. Sie haben für den Fall, dass die Gläubiger im Konkurs der Genossenschaft nicht befriedigt werden, keine Nachschüsse zur Konkursmasse zu leisten.«
Man kann wohl davon ausgehen, dass jede Genossenschaft eine derartige Haftungsbeschränkung in ihre Satzung aufgenommen hat. Es hängt von den konkreten Umständen ab, ob es in einem konkreten Fall tatsächlich notwendig wird, Genossenschaftsanteile mit einzusetzen, damit die Gläubiger befriedigt werden können.
Ist der Insolvenzfall eingetreten, darf erwartet werden, dass Vorstand, Aufsichtsrat, Vertreterversammlung und Mitgliedschaft bemüht sind, die Lage wieder in den Griff zu bekommen und die Genossenschaft zu retten.
Der Genossenschaftliche Prüfungsverband und andere Experten sind zu Rate zu ziehen. Leider können sich solche Insolvenzen über Jahre hinziehen, wenn nicht zielstrebig nach Lösungen gesucht wird.

Mietverhältnisse bleiben erhalten
Die Mietverhältnisse der Mitglieder, wie auch der Nichtmitglieder, werden vom Insolvenzverfahren nicht berührt. Sie gelten weiter fort. Schwierigkeiten könnten bei notwendigen Instandsetzungen eintreten, wenn dafür kein Geld mehr da ist.
Der Insolvenzverwalter hat die mitrechtlichen Verpflichtungen aus den laufenden Mieteinnahmen zu befriedigen.
Gibt es dabei Einschränkungen und Schwierigkeiten, müssen Genossenschaftsmieter auch gerichtliche Auseinandersetzungen in Kauf nehmen, um zu ihrem Recht zu kommen.

Erwerber darf auch kündigen
Kommt es zum Verkauf von Wohngrundstücken oder von Wohnungen die der Genossenschaft gehören, hat der Erwerber allerdings das Recht, die Mietverhältnisse, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, zum nächstmöglichen Termin zu kündigen (§111 InsO).
Auch das hört sich schlimmer an, als es ist. Unter den jetzigen Verhältnissen großen Leerstandes ist wohl jeder Vermieter ganz froh, noch Mieter zu haben. Schließlich kann im Kaufvertrag vereinbart werden, dass der Erwerber von dieser Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wird.

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