USA räumen Basis Incirlik

Ausdruck einer strategischen Neuorientierung Washingtons in der Region

  • Nikolaus Brauns
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Mit einer feierlichen Militärzeremonie auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik hat die USA-Armee dieser Tage einen ihren bisher wichtigsten Stützpunkte im Nahen Osten geräumt.

Der Abzug der USA-Luftwaffe aus Incirlik symbolisiert eine strategische Neuorientierung der USA in der Region. Jahrzehntelang diente der Stützpunkt in der Osttürkei als Ausgangspunkt für USA-Militäroperationen. Tausende US-Piloten wurden hier ausgebildet. Im 1991er Golfkrieges war Incirlik ein strategisches Zentrum für die Luftangriffe auf Irak. Anschließend starteten von hier aus die Maschinen zur Überwachung der von den USA und Großbritannien ausgerufenen Flugverbotszone in Nordirak. Fast wöchentlich flogen die US-Jäger in den letzten 12 Jahren Angriffe gegen Stellungen in Irak. 50 Kampfflugzeuge und Tankmaschinen sowie 1400 US-Soldaten waren bereits von der Airbase abgezogen worden, nachdem die Türkei die Nutzung Incirliks für den Angriff auf den Irak untersagt hatte. 1400 US-Soldaten verbleiben im Rahmen einer NATO-Mission in Incirlik. Als offizielle Begründung für den Abzug der USA-Truppen aus Incirlik wurde die Beendigung der Operation Northern Watch genannt. Der tatsächliche Grund scheint aber in den Störungen der US-amerikanisch-türkischen Beziehungen zu liegen, seitdem das türkische Parlament die Stationierung von 62000 US-Soldaten in der Osttürkei und die Eröffnung einer nördlichen Front gegen den Irak verweigert hatte. »Die Tatsache, dass die USA ihre Militärpräsenz in der Türkei einschränken, bedeutet, dass die USA jetzt das Gefühl haben, in Zukunft nicht mehr strategisch auf die Türkei angewiesen zu sein«, meint der Chefredakteur der »Turkish Daily News«, Ilnur Cevik. Die USA haben unterdessen angekündigt, in Irak vier große Militärbasen zu errichten - mindestens eine davon im Norden. Offenbar soll der kurdische Nordirak eine zentrale Rolle für die Neuordnung des Nahen Ostens einnehmen. Während die Zukunft der arabischen Landesteile ungewiss ist und Teile der schiitischen Bevölkerungsmehrheit schon jetzt gegen die USA-Besatzung protestieren, können sich die USA auf die Loyalität der irakischen Kurden verlassen, solange sie diesen ein Mindestmaß an Autonomie gewähren. Umgeben von den kurdenfeindlichen Regimes der Türkei, Irans und Syriens ist ein föderales oder autonomes Südkurdistan auf den Schutz der USA-Besatzungsmacht angewiesen. Nur die USA garantieren, dass die Türkei ihre Einmarschdrohungen in den Nordirak nicht wahr macht. Wie Israel wäre auch ein USA-Protektorat in Südkurdistan als stationärer »Flugzeugträger« ein Stachel im Fleisch der arabischen Welt. Im Unterschied zu Israel verfügen die kurdischen Peschmerga freilich über keine Atomwaffen und nur über wenige Panzer, die ihnen die USA-Armee jetzt abnehmen will, um ihre völlige Abhängigkeit von der Schutzmacht zu garantieren. Einmal mehr zeigt sich, dass in einer Lösung der kurdischen Frage der - neben der Lösung des Palästinakonflikts - wichtig...

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