Gerüst ohne Baugenehmigung

Nach Unfall beim Karneval der Kulturen ermittelt Landeskriminalamt

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 2 Min.
Auch Tage nach dem Umsturz eines Gerüstes beim Karneval der Kulturen, bei dem drei Personen schwer verletzt wurden, herrscht bei den Veranstaltern des Straßenfestes große Betroffenheit. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und die Werkstatt der Kulturen nutzten gestern eine Pressekonferenz dazu, »missverständliche Darstellungen in der Öffentlichkeit zu korrigieren«. »Mitwirkende und Besucher konnten den wahrscheinlich schönsten Umzug in der achtjährigen Geschichte des Karnevals erleben. Als das Unwetter aufzog, haben wir die 80000 bis 100000 Besucher nach Hause geschickt. Diese Entscheidung fiel vor dem Unfall und doch zu spät. Es ist für uns ein schwerer Schock. Die Katastrophe lastet auf uns«, erklärte der sichtlich gezeichnete Andreas Freudenberg. Der Geschäftsführer der Werkstatt der Kulturen berichtete, dass die Aufklärung Zeit benötige und extern erfolge. »Es geht um die Verantwortlichkeit. Inzwischen ermittelt das Landeskriminalamt. Wir müssen die Untersuchungen abwarten«, fügte Cornelia Reinauer, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hinzu. Möglicherweise hätte das Umstürzen des so genannten Lateinamerika-Portals, das laut Freudenberg nach 2001 und 2002 zum dritten Mal ein wichtiges Gestaltungsmittel darstellte, verhindert werden können. Wie sich erst im Nachhinein herausstellte, fehlte dem plakatierten und deshalb vom Wind gut erfassbaren Gerüst - wie schon in den beiden Jahren zuvor - die Baugenehmigung. Auf Grund der nach dem Unfall von der Gerüstbaufirma eingereichten Skizzen sieht Franz Schulz, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bauen, das Gerüst inzwischen als genehmigungspflichtig an. Die Gerüstbaufirma hätte beim Bauaufsichtsamt eine Genehmigung beantragen müssen, betonte Schulz und räumte ein, dass diese Versäumnisse in seiner Behörde nicht bemerkt wurden. »Es gab keinen Anlass Mitarbeiter hinzuschicken, weil wir in der Werkstatt der Kulturen einen verlässlichen Partner sahen.« Der Zustand der Opfer habe sich infolge erster Operationen inzwischen etwas gebessert, sagte Bezirksbürgermeisterin Reinauer. Ähnliches kann man von der für 2004/05 geplanten neuen Berliner Musterbauordnung nicht berichten. In dieser sollen selbst bei Hochhäusern die Befugnisse der Bauaufsicht zu Gunsten der Architekten verringert werden. »Der Unfall sollte sensibilisieren«, mahnte Baustadtrat Schulz und wurde durch die nächste Unfallmeldung bestätigt. Gestern stürzten infolge heftiger Windböen Teile eines 35 Meter hohen Gerüsts in der Brunnenstraße über den Gehweg in den Park der Stralsunder Straße. Dabei wurde ein Pkw unter dem Gerüst begraben und völlig zerstört. Verletzte gab es nicht. Die Polizei sicherte Verankerungen, die sich aus dem Mauerwerk gelöst hatten, und leitete ein Strafverfahren ein. Der Fahrzeugverkehr war auf der Brunnenstraße von der Bernauer Straße in Richtung Badstraße unterbrochen.

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