250 Jahre Kolonie Kiekemal

Siedler hofften auf wirtschaftlichen Aufschwung

  • Klaus Teßmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Mitte des 18. Jahrhunderts war die Gegend nördlich des Köpenicker Forstes öde und leer. Noch hundert Jahre nach dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) waren dessen Folgen in der Mark Brandenburg zu spüren. Über die Hälfte der Bevölkerung war durch Krieg, Mord und Seuchen ums Leben gekommen, so dass der Preußenkönig Menschen ins Land ziehen wollte, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Am 24. Juni 1753 beginnt die Geschichte der Kolonie Kiekemal. Drei Familien aus dem Raum Stuttgart hatten den Worten des »Alten Fritz« geglaubt und in ihrer Heimat Plattenhardt alles aufgegeben, um im Berliner Raum einen wirtschaftlichen Neubeginn zu wagen. Ihnen war Ackerland, Wiesen, Haus und Stallung sowie Ackergerät versprochen worden. Aber keiner der Siedler hatte etwas Schriftliches in der Hand, die drei Familien aus dem Württembergischen vertrauten dem Wort eines preußischen Offiziers. Statt des erhofften Aufschwungs warteten aber auf die drei Familien Frondienste, Steuern und Abgaben. Sie gerieten in das hinterhältige Ränkespiel preußischer Staatsdiener, die sich an der Ansiedlung von Kolonisten bereichern wollten. Viele Geschichten ranken sich um die kleine Kolonistensiedlung Kiekemal, die heute zum Ortsteil Mahlsdorf gehört. Emmi Wegfraß hat sich der Geschichte angenommen und die 250 Jahre in ihrem Buch »Kiekemal« niedergeschrieben. Die heute 77-jährige Pädagogin ist die Urur..Urenkelin von Michael Kurfeß (geb. am 16. Dezember 1712), der mit seiner Frau Margaretha und vier Kindern zu den drei Siedlerfamilien des Jahres 1753 gehörte. Emmi Wegfraß (geb. Steinke) hat bis 1951 im Haus ihrer Ahnen in der Golzower Straße (damals noch Alte-Fritz-Straße) gewohnt und dort eine glückliche Kindheit und Jugend verbracht. Durch ihre Hochzeit ist sie dann nach Charlottenburg, später nach Spandau gezogen. Angeregt durch die Veröffentlichungen des Heimatvereins zum 650. Jubiläum von Mahlsdorf im Jahre 1995 hat sie sich mit der Geschichte ihrer Familie befasst. Sie hat in alten Kirchenbüchern geforscht, ist in die Heimat ihrer Ahnen gefahren, hat in Brandenburger und Berliner Archiven recherchiert. Dabei fand sie viele Dokumente über die Siedlung, über die Menschen und ihre eigene Familie. Die Ergebnisse ihrer Arbeit hat die Autorin auf 200 Seiten mit vielen Bildern und Dokumenten zusammengefasst. Das Buch ist aber mehr als eine Familienchronik. Emmi Wegfraß stellt das Schicksal der Personen immer in den Zusammenhang mit den jeweiligen politischen Verhältnissen in den vergangenen 250 Jahren - vom Preußenkönig über die Weimarer Republik bis heute. Im Mittelpunkt steht aber immer die kleine Kolonistensiedlung am Rande der Stadt Berlin. Wenn am 29. Juni von 11 bis 15 Uhr die Mahlsdorfer mit ihren Gästen bei einem Volksfest im St. Hubertus am Hultschiner Damm das Jubiläum feiern, steht das Buch von Emmi Wegfraß im Mittelpunkt. Mit dabei sind außerdem Eckensteher Nante, der Mahlsdorfer Männerchor Eintracht, der Heimatverein und der Förderverein Gutshaus Mahlsdorf. Das Buch »Kiekemal« (19,50 Euro) gibt es auch im Gründerzeitmuseum, Hultschiner Damm 333
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