Mit dem Teppich-Siegel gegen Kinderarbeit

Rugmark-Foundation auf Wachstumskurs - zugunsten sozialer Projekte

Teppiche mit dem Rugmark-Zertifikat gibt es seit nunmehr acht Jahren. In Deutschland sind die handgeknüpften Läufer, die garantiert keine Kinderhände durchliefen, in jedem besseren Kaufhaus zu finden. Ein Erfolgsmodell.

Dieter Kebschull kann sich noch gut an die ersten Initiativen gegen Kinderarbeit in Indien erinnern. Mit Empörung wurde von offizieller Seite reagiert, die Existenz von Kinderarbeit geleugnet und sich die Einflussnahme in innere Angelegenheiten strikt verbeten. »Heute ist das anders«, freut sich Kebschull, der seit 15 Jahren in Indien lebt und im Auftrag der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) als Berater tätig ist. Kinderarbeit ist ein Thema in der indischen Gesellschaft. »Bei rund achtzig Prozent der Bevölkerung ist die Botschaft angekommen und die Zusammenarbeit mit der Regierung läuft seht gut«, sagt Kebschull auf einem Workshop im Rahmen der Eschborner Fachtage der GTZ. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Kinderarbeit in Indien mehr gibt, aber die Ausbeutung von Kindern in der Teppichbranche, aber auch in anderen Branchen ist spürbar zurückgegangen. Kinderrechte und generell Sozialstandards sind im öffentlichen Bewusstsein verankert. Ein Wandel, der eng mit der Erfolgsgeschichte des Rugmark-Labels verknüpft ist. 2,9 Millionen Teppiche wurden bisher mit dem Zertifikat exportiert. 40 Prozent der Teppiche aus Indien, die auf den deutschen Markt kommen, tragen das Label mit dem lachenden Teppich. Den hohen Marktanteil in Deutschland hat die Rugmark-Stiftung, die 1994 gegründet wurde, der Präsenz in vielen Kauf- und Teppichhäusern zu verdanken. Deren Einkäufer, aber auch viele andere Importeure und Fachhändler waren frühzeitig in das Projekt Rugmark involviert. Das war der Schlüssel zum Erfolg, ist sich der in Dehli lebende Kebschull sicher. Die Kontakte kamen über die GTZ zustande und der Handel reagierte positiv. Die Importeure erklärten sich bereit, ein Prozent des Exportbetrags für soziale Zwecke zur Verfügung zu stellen, während die indischen Exporteure 0,25 Prozent des Ausfuhrwertes für die Zertifizierung und Administration abführen. Von diesem Geld werden vielfältige soziale wie wirtschaftliche Aktivitäten der Stiftung bezahlt. Zu denen zählt nicht nur die Überwachung der Produktion durch Kontrolleure, die das Produktlabel über die Einhaltung der sozialen Mindeststandards - die Nichtanstellung von Kindern unter 14 Jahren und die Zahlung von Mindestlöhnen - vergibt, sondern auch die Durchführung von Sozialprogrammen. So unterhält die Foundation sechs Schulen in der Teppichregion von Uttar Pradesh. 1800 Kinder und Jugendliche, viele von ihnen ehemalige Kinderarbeiter, werden dort umsonst unterrichtet. 1389 Kinder haben die Rugmark-Inspektoren bisher aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, die oft an Sklaverei erinnern, befreit. Rehabilitationsangebote stehen denen genauso wie die Schulen offen. Das neueste Rugmark-Projekt ist ein Trainingszentrum für Frauen. Die waren bisher weitgehend vom Weben der Teppiche in der Region von Varanasi-Bhadohi-Gopiganj ausgeschlossen und können dies nun in einer Schule in Gopiganj lernen, um sich ökonomisch unabhängiger von ihren Männern zu machen. Ziel des Projekts ist es, die Rolle der Frauen zu stärken und damit eben auch die lokale Ökonomie. Absatzmärkte für die Teppiche hat die Rugmark-Foundation schon erschlossen. Insgesamt 58 Lehrer und Verwaltungskräfte arbeiten für die Stiftung. Hinzu kommen noch die 15 Inspektoren. Angesichts der Fülle der Aufgaben, zu denen auch Marketing-Aktivitäten, Umwelt- wie technische Beratung gehören, eine äußerst schlanke Organisationsstruktur. Auch ein Grund, weshalb Importeure wie Exporteure dem Label die Treue halten. 281 Unternehmen aus Indien verkaufen ihre Ware mit dem Rugmark-Siegel - zehn Prozent mehr als im letzten Jahr. Und auch in Nepal und Pakistan ist die Stiftung aktiv. Über das Label erhalten sie Aufträge und das ist der entscheidende Anreiz. Verstoßen sie gegen die Rugmark-Regeln, werden sie ausgeschlossen und verlieren ihren Absatzmarkt. Weitere Strafen gibt es nicht, so Kebschull schulterzuckend. Den Verlust des relativ sicheren Absatzmarktes riskiert mittlerweile kaum ein Unternehmer, zumal Verstöße gegen das Regelwerk in der Branche schnell die Runde machen. Und die Rugmark-Nachfrage ist trotz der schwierigen Marktsituation erfreulich gut. Letztlich ist Rugmark über die Kooperation zwischen indischen und deutschen Unternehmen sowie Nichtregierungsorganisationen und Hilfswerken zu einem Markenartikel geworden, so GTZ-Berater Kebschull. Ein Beispiel, das in Indien einiges bewegt hat. »Rugmark hat den Weg für die Einführung von sozialen und ökologischen Mindeststandards in anderen Bereichen geebnet«, sagt Kebschull - etwa in der Leder- und Textilindustrie in Kooperation mit deutschen Importeuren. Ein weiteres Projekt ist die Implementierung von Umwelt- und Sozialstandards im Schmucksektor, der Spielzeug- und Sportartikelproduktion. Hinter der Initiative steht wiederum das Indisc...

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