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Warme Eiszeit hält an
Natürliche Schwankungen des Klima größer als angenommen
Auf dem Telegrafenberg in Potsdam liegt die weltweit einzige Wetterstation, die ohne Unterbrechung seit dem ersten Januar 1893 meteorologische Messungen vornimmt. An diesem historischen Ort trafen sich kürzlich mehr als 250 Wissenschaftler zur 6.Deutschen Klimatagung. Deren wichtigstes Ergebnis lautet: Die natürliche Klimavariabilität ist weitaus größer als bisher angenommen.
Das Klimasystem ist sehr komplex«, betonte Prof. Dr. Martin Claußen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, deshalb sei es - wenn überhaupt - nur bedingt vorhersagbar. Um den natürlichen Klimaschwankungen besser auf die Spur zu kommen, müsse die Zusammenarbeit zwischen Paläoklimatologen, Meteorologen und Klimamodellierern weiter vertieft werden. Wie sich das Klima entwickelt, sei abhängig von der Sonne und von Vorgängen auf der Erde, im Boden, in den Ozeanen, in der Lebenswelt und in der Atmosphäre. Langfristig gesehen nehmen große geologische Ereignisse - wie Gebirgsbildungen oder Veränderungen in der Kontinent-Ozeanverteilung - Einfluss auf das Klima. Seit ungefähr 55 Millionen Jahren befänden wir uns in einer Eiszeit, erläuterte Prof. Jörg Negendank vom GeoForschungsZentrum Potsdam. Wobei sich auch da Warm- mit Kaltphasen abwechseln. Es kann davon ausgegangen werden, dass die derzeitige Warmphase noch eine Weile andauern wird, weil die Erde auf einer kreisförmigen Bahn um die Sonne rotiert und nicht elliptisch. Es gibt verschiedene solcher klimarelevanten zyklischen Prozesse, die sich mit Hilfe von Proxydaten nachweisen lassen. Solche »Stellvertreter«-Daten - Wetterstationen gibt es eben erst seit 110 Jahren - werden unter anderem aus Baumringen, Pollen, Sedimenten oder Fossilien gewonnen. In Seeablagerungen aus der Eifel konnten unter anderem anhand von Diatomeenblüten (Algen) Sonnenfleckenzyklen nachgewiesen werden. Korallen hingegen werden zur Bestimmung von Wassertemperaturen herangezogen, weil diese mit dem Skelettwachstum und der chemischen Zusammensetzung der Meerestiere korrelieren. »Auf der Tagung wurde aber auch deutlich«, erläutert Negendank, »dass eine große Unsicherheit in der Rekonstruktion dieser Proxydaten besteht.« Für Prof. Klaus Dethloff vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam sind die gesammelten Daten aus der Erdgeschichte mit denen von heute eigentlich gar nicht zu vergleichen. Auch Vorgänge in der Atmosphäre sind noch nicht wirklich aufgeklärt wie zum Beispiel die arktische Oszillation. Diese bestimmt das Klima vom Nordpol bis in unsere Breiten. Wird nun durch schwankende Sonneneinstrahlung, Vulkanausbrüche oder eben durch menschliches Tun die Atmosphäre aus ihrem Schwingungsrhythmus gebracht, hat das Einfluss auf das Klima. Klimamodelle zeigen, dass die Klimaschwankungen der letzten 1000 Jahre solar und vulkanogen, seit der industriellen Revolution aber auch anthropogen überprägt seien, so Negendank. Vor allem seit 1970 seien die Temperaturerhöhungen auf den Menschen zurückzuführen. Und diese werden noch immer tagtäglich auf dem Telegrafenberg gemessen. Allerdings nur noch bis 2006, wenn es nach dem Deutschen Wetterdienst geht. Denn dann soll die Säkularstation geschlossen werden. Eine Stiftung soll das verhindern, sind doch Langzeit...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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