B
ERLINER KOPFE Bitte nicht freundlich!
KATJA GRÜN
Wie „AnnoDazumal“ kann man sich im gleichnamigen Fotostudio in der Georgenstraße ablichten lassen. Hier, mittendrin im Berliner Antik- und Flohmarkt in den S-Bahn-Bögen des Bahnhofs Friedrichstraße, werden alte Zeiten wieder lebendig. Katja Grün (22) hat das seit 20 Jahren bestehende Fotostudio im Dezember 1993 übernommen. Etwa 50 verschiedene Kostüme aus der Zeit der Jahrhundertwende - vom Abendkleid bis zur Uniform - und zahlreiche Accessoires wie Schjrme, Hüte, Stöcke, Helme, Handschuhe, Blumensträuße u.v.m. stehen zur Auswahl. Jeder Kunde kann seiner Phantasie freien Lauf lassen.
In dem nur 20 Quadratmeter kleinen Atelier führt die junge Fotografin vor und während der Aufnahme behutsam Regie. „Sehr wichtig sind natürlich passende Haltung und Ausstrahlung zum entsprechenden Kostüm“, erzählt sie.
Wegen der geringen Filmempfindlichkeit fotografierte man damals mit minutenlangen Belichtungszeiten. Die Modelle durften sich dabei keinesfalls bewegen, damit ein ausreichend scharfes Bild entstehen konnte. Da das ohne Hilfestellung kaum möglich war, wurde der Kopf der „Fptoopfer“ durch eine für den Betrachter unsichtbare Holzgestellkonstruktion festgehalten. „Solche Torturen muß bei mir natürlich keiner über sich ergehen lassen“, lacht Katja Grün, „aber um den alten Fotodarstellungen recht nahe zu kommen, ist ein ernster Gesichtsausdruck schon angebracht.“ Die Aufforderung „Bitte lächeln!“ während der Aufnahme kann man im Studio von Katja Grün nur selten hören, denn seinerzeit
hatten die Modelle, in deren Rolle heutige Besucher schlüpfen, ja tatsächlich nichts zu lachen...
Um den nostalgischen Effekt zu verstärken, wird die Fotografie braun eingefärbt und erhält anschließend ein oval geschnittenes Passepartout im Format 9 x 13 Zentimeter. Wer möchte, kann auch gleich einen passenden Rahmen bestellen.
„Die ganze Prozedur, also Umziehen, Arrangieren und Fotografieren dauert nicht länger als 10 bis 15 Minuten, dann kann das fertige Polaroid-Foto samt Passepartout zum Preis von 17 DM sofort mitgenommen werden.“
Wer vorher schon ganz konkrete Vorstellungen hat, kann seine eigene Verkleidung mitbringen, um sich darin schön nostalgisch ablichten zu lassen. Übrigens haben sich auch zahlreiche Prominente (u.a. Harald Juhnke, Karl Dali, Frank Zander, Fritz Wepper) diesen Spaß im Fotostudio „AnnoDazumal“ (Öffnungszeiten: täglich 11 bis 18 Uhr, außer Dienstag) bereits gegönnt.
Text und Foto:
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.