»So etwas muss Konsequenzen haben«

Gespräch mit Profi-Box-Promotor Wilfried Sauerland / Rückzug aus BDB wegen ausländerfeindlicher, antisemitischer und rechtsradikaler Äußerungen

Der erfolgreiche deutsche Profi-Boxstall von Promotor Wilfried Sauerland, bei dem auch die Weltmeister im Supermittelgewicht Sven Ottke (IBF und WBA) und Markus Beyer (WBC) unter Vertrag sind, erklärte seinen Rückzug aus dem Bund Deutscher Berufsboxer (BDB). In Zukunft werden Sauerlands Veranstaltungen in Deutschland mit einer österreichischen Lizenz durchgeführt. Dem BDB gehen damit 30 bis 40 Prozent seiner Lizenzeinnahmen verloren. Grund für Sauerlands Rückzug aus dem BDB ist der ehemalige BDB-Vizepräsident Hans Högner, der noch amtierender Vizepräsident der Europäischen Box-Union (EBU) ist. Högner wurde schon früher und gerade in den letzten Wochen in deutschen Medien mit ausländerfeindlichen, antisemitischen und rechtsradikalen Äußerungen zitiert. So verhöhnte er ausländische Boxprofis wie Journeyman Ramdane Kaouane: »Kaouane soll doch lieber arbeiten oder zurück nach Algerien gehen.« Auch seine frühere Aussagen »Alle Juden müssen raus aus Deutschland« oder »Die Mauer muss wieder zurück und alle früheren Ostdeutschen müssen hinter diese Mauer«, sorgten für erhebliche Aufregung. Promotor Wilfried Sauerland äußert sich im Interview zu diesen Vorgängen.

ND: Wieso wollen Sie nicht mehr mit dem BDB zusammenarbeiten?
Sauerland: Es hat auch in der Vergangenheit schon des Öfteren Probleme mit dem BDB gegeben. Aber diese Probleme waren nicht so schwerwiegend wie das, was in den letzten Wochen und Monaten vorgefallen ist. In einigen Medien - so im »Spiegel« und in der »Süddeutschen Zeitung« - waren Berichte darüber zu lesen, dass der Herr Högner rassistische und antisemitische Bemerkungen machte. Ich bat daher den Präsidenten des BDB, Dr. Bodo Eckmann, darum, eine Kommission ins Leben zu rufen, die die Vorwürfe, die im Raum stehen, prüfen sollte. Trotz verschiedener Anmahnungen ist es nicht zur Bildung einer solchen Kommission gekommen. Deshalb nun der Rückzug aus dem BDB.

Man könnte aber nun auch meinen, dass man sich um Äußerungen eines ehemaligen Vizepräsidenten des BDB nicht zu kümmern braucht. Schließlich trat Högner bereits vor Monaten freiwillig von seinem Posten als Vizepräsident zurück.
Der Herr ist zurückgetreten, aber er übt immer noch Funktionen im Verband aus. Er fungiert immer noch regelmäßig bei Veranstaltungen als Delegierter. Er ist auch der Vertreter des BDB bei der Europäischen Box-Union und dort Vizepräsident. Er vertritt also die deutschen Interessen im europäischen Verband.

In der deutschen Presse hieß es, dass Sie sich beim Ranking der EBU durch Herrn Högner benachteiligt fühlten.
Das ist eine ganz andere Sache. Das geht schon seit vielen Jahren so. Wenn es darum gehen würde, hätte ich schon vor Jahren aus dem BDB austreten müssen. Das ist nicht der Grund. Was jetzt vorgefallen ist, das hat eine ganz neue Qualität und eine andere Wirkung. So etwas muss Konsequenzen haben.

Warum stellen Sie sich nicht einfach auf den Standpunkt: Ich will keinen Ärger haben, sondern nur in Ruhe meine Boxshows in Deutschland veranstalten.
Erstens: Ich lebe schon seit vielen Jahren im Ausland, und ich werde dort gut behandelt. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass Ausländer und damit auch ausländische Boxer gut behandelt werden. Rassismus und rassistische Äußerungen sind inakzeptabel. Zweitens: Meine Frau ist Israelin. Daher bin ich bei antisemitischen Äußerungen direkt und persönlich mit angesprochen.

Sparen Sie Geld durch den Wechsel zum Faustkämpferverband Austria FVA?
Absolut nicht. Für uns bringt das sogar eher Nachteile als Vorteile. Die Punkt- und Kampfrichter bei unseren Kämpfen in
Deutschland müssen jetzt international sein. Das heißt, sie haben längere Reisewege und müssen eventuell sogar früher anreisen. Das alles führt eher zu Mehrkosten. Aber es ist keine Frage der Kosten, sondern eine Frage der Prinzipien.

Was ändert sich durch den Wechsel zum österreichischen Verband?
Für den Zuschauer in der Halle und an den Bildschirmen ändert sich nichts. Die internationalen Verbände stellen wie immer das Kampfgericht. Die Zuschauer in der Halle werden auch in den Vorkämpfen internationale Punktrichter sehen und keine deutschen. Aber vielleicht bekommen sie doch ein paar deutsche Punkt- und Ringrichter zu sehen. Eben jene, die sagen: Wir sind auch nicht mit dem Gebaren des BDB einverstanden und nehmen eine ausländische Lizenz.

Heißt das, dass es bei Ihnen keine deutschen Meisterschaften mehr gibt?
Wir haben zur Zeit keinen einzigen deutschen Meister oder internationalen deutschen Meister. Für uns ändert sich also nichts.

Verzichten Sie aber damit prinzipiell auf die Ausrichtung von deutschen Meisterschaften?
In einem solchen Fall kann ich meine Boxer mit einer deutschen Lizenz antreten lassen. Das ist kein Problem. Sie haben alle noch ihre deutsche Lizenz.

Die sollen sie auch behalten?
Im Augenblick überlegen wir uns noch, ob die Boxer die Lizenz in Österreich nehmen sollen. Wir werden es wohl im Einzelfall entscheiden, ob der jeweilige Boxer eine österreichische Lizenz nimmt oder die deutsche behält. Momentan sieht es so aus: Wir haben eine Veranstaltung in Deutschland unter Aufsicht des österreichischen Verbandes, und unsere eigenen Kämpfer starten mit einer Auslandsstartgenehmigung, als ob sie in Italien oder anderswo boxen würden.

Ende des Monats soll sich ein neuer deutscher Profi-Boxverband gründen, die German Boxing Association (GBA)...
Daran habe ich kein Interesse. Ich will den BDB weder spalten noch zur Aufgabe zwingen. Ich bin nicht dafür, dass sich ein anderer Verband als direkte Konkurrenz zum bestehenden gründet. Der GBA werde ich nicht beitreten. Ich sehe im Augenblick auch keine Notwendigkeit für einen neuen Verband.

Gespräch: Uwe Betker

Wilfried Sauerland (63), gebürtig in Wuppertal, ist Exporteur von Getränke-Abfüllanlagen vornehmlich nach Afrika. Seinen hauptsächlichen Wohnsitz hat er in Südafrika. Als Box-Promotor begann er in den 70er Jahren in London. Mit Henry Maske und Axel Schulz stieg er zu Beginn der 90er Jahre an die Spitze des deutschen Profiboxens auf und wurde zu einem der erfolgreichsten Profi-Manager, dessen Stars gegenwärtig die Weltmeister Sven Ottke und Markus Beyer sind.ND: Wieso wollen Sie nicht mehr mit dem BDB zusammenarbeiten?
Sauerland: Es hat auch in der Vergangenheit schon des Öfteren Probleme mit dem BDB gegeben. Aber diese Probleme waren nicht so schwerwiegend wie das, was in den letzten Wochen und Monaten vorgefallen ist. In einigen Medien - so im »Spiegel« und in der »Süddeutschen Zeitung« - waren Berichte darüber zu lesen, dass der Herr Högner rassistische und antisemitische Bemerkungen machte. Ich bat daher den Präsidenten des BDB, Dr. Bodo Eckmann, darum, eine Kommission ins Leben zu rufen, die die Vorwürfe, die im Raum stehen, prüfen sollte. Trotz verschiedener Anmahnungen ist es nicht zur Bildung einer solchen Kommission gekommen. Deshalb nun der Rückzug aus dem BDB.

Man könnte aber nun auch meinen, dass man sich um Äußerungen eines ehemaligen Vizepräsidenten des BDB nicht zu kümmern braucht. Schließlich trat Högner bereits vor Monaten freiwillig von seinem Posten als Vizepräsident zurück.
Der Herr ist zurückgetreten, aber er übt immer noch Funktionen im Verband aus. Er fungiert immer noch regelmäßig bei Veranstaltungen als Delegierter. Er ist auch der Vertreter des BDB bei der Europäischen Box-Union und dort Vizepräsident. Er vertritt also die deutschen Interessen im europäischen Verband.

In der deutschen Presse hieß es, dass Sie sich beim Ranking der EBU durch Herrn Högner benachteiligt fühlten.
Das ist eine ganz andere Sache. Das geht schon seit vielen Jahren so. Wenn es darum gehen würde, hätte ich schon vor Jahren aus dem BDB austreten müssen. Das ist nicht der Grund. Was jetzt vorgefallen ist, das hat eine ganz neue Qualität und eine andere Wirkung. So etwas muss Konsequenzen haben.

Warum stellen Sie sich nicht einfach auf den Standpunkt: Ich will keinen Ärger haben, sondern nur in Ruhe meine Boxshows in Deutschland veranstalten.
Erstens: Ich lebe schon seit vielen Jahren im Ausland, und ich werde dort gut behandelt. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass Ausländer und damit auch ausländische Boxer gut behandelt werden. Rassismus und rassistische Äußerungen sind inakzeptabel. Zweitens: Meine Frau ist Israelin. Daher bin ich bei antisemitischen Äußerungen direkt und persönlich mit angesprochen.

Sparen Sie Geld durch den Wechsel zum Faustkämpferverband Austria FVA?
Absolut nicht. Für uns bringt das sogar eher Nachteile als Vorteile. Die Punkt- und Kampfrichter bei unseren Kämpfen in
Deutschland müssen jetzt international sein. Das heißt, sie haben längere Reisewege und müssen eventuell sogar früher anreisen. Das alles führt eher zu Mehrkosten. Aber es ist keine Frage der Kosten, sondern eine Frage der Prinzipien.

Was ändert sich durch den Wechsel zum österreichischen Verband?
Für den Zuschauer in der Halle und an den Bildschirmen ändert sich nichts. Die internationalen Verbände stellen wie immer das Kampfgericht. Die Zuschauer in der Halle werden auch in den Vorkämpfen internationale Punktrichter sehen und keine deutschen. Aber vielleicht bekommen sie doch ein paar deutsche Punkt- und Ringrichter zu sehen. Eben jene, die sagen: Wir sind auch nicht mit dem Gebaren des BDB einverstanden und nehmen eine ausländische Lizenz.

Heißt das, dass es bei Ihnen keine deutschen Meisterschaften mehr gibt?
Wir haben zur Zeit keinen einzigen deutschen Meister oder internationalen deutschen Meister. Für uns ändert sich also nichts.

Verzichten Sie aber damit prinzipiell auf die Ausrichtung von deutschen Meisterschaften?
In einem solchen Fall kann ich meine Boxer mit einer deutschen Lizenz antreten lassen. Das ist kein Problem. Sie haben alle noch ihre deutsche Lizenz.

Die sollen sie auch behalten?
Im Augenblick überlegen wir uns noch, ob die Boxer die Lizenz in Österreich nehmen sollen. Wir werden es wohl im Einzelfall entscheiden, ob der jeweilige Boxer eine österreichische Lizenz nimmt oder die deutsche behält. Momentan sieht es so aus: Wir haben eine Veranstaltung in Deutschland unter Aufsicht des österreichischen Verbandes, und unsere eigenen Kämpfer starten mit einer Auslandsstartgenehmigung, als ob sie in Italien oder anderswo boxen würden.

Ende des Monats soll sich ein neuer deutscher Profi-Boxverband gründen, die German Boxing Association (GBA)...
Daran habe ich kein Interesse. Ich will den BDB weder spalten noch zur Aufgabe zwingen. Ich bin nicht dafür, dass sich ein anderer Verband als direkte Konkurrenz zum bestehenden gründet. Der GBA werde ich nicht beitreten. Ich sehe im Augenblick auch keine Notwendigkeit für einen neuen Verband.

Gespräch: Uwe Betker

Wilfried Sauerland (63), gebürtig in Wuppertal, ist Exporteur von Getränke-Abfüllanlagen vornehmlich nach Afrika. Seinen hauptsächlichen Wohnsitz hat er in Südafrika. Als Box-Promotor begann er in den 70er Jahren in London. Mit Henry Maske und Axel Schulz stieg er zu Beginn der 90er Jahre an die Spitze des deutschen Profiboxens auf und wurde zu einem der erfolgreichsten Profi-Manager, dessen Stars gegenwärtig die Weltmeister Sven Ottke und Markus Beyer sind.

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