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Das Flugwesen entwickelt sich

Doch die Strausberger sind eben noch ein zu ungebildetes Volk

  • Lesedauer: 2 Min.

Nahezu jeder DDR-Bürger kennt die von Manfred Krug schnoddrig-pointiert vorgetragene Geschichte die „Kuh im Propeller“ von Michail Sostschenko. Ein Lehrbeispiel, wie man Information und Agitation nicht betreiben soll.

An diese Geschichte erinnerte ein Bürgerforum in Strausberg zur Flugplatzproblematik. Der Chef vom Wirtschaftsforderamt der Stadt, Claus Wunderlich, der Vorsitzende des Flugplatzfördervereins, Helmut Bartl, und der Geschäftsführer der Flugplatzbetreibergesellschaft, Helmut Birkner, mühten sich zwar redlich, den Bürgern den Flugplatz und eine Verlängerung der Landebahn schmackhaft zu machen, aber die Betroffenen hörten, wie in der erwähnten Geschichte, sehr finster zu.

Durch die derzeitige Lärmbelästigung schon reichlich genervt, stellen sie sich, wie damals die Bauern, die Frage: „Und das entwickelt sich?“ Selbst das Argument des Herrn Wunderlich, daß Flugplätze

positive und belebende Auswirkungen haben auf „Tankstellen, Kneipen und Bordelle“, konnte die Flugplatzgegner nicht umstimmen. Dr. Lisek, ein Stadtverordneter vom „Bündnis“, brachte die Argumente der Flugplatzbefürworter auf den Punkt mit dem Satz: „Die Informationen sind für eine Einsicht einfach nicht ausreichend.“

Dabei befindet sich die Kommune in einem ausgesprochenen Dilemma. Sie kann das Flugplatzgelände, das ihr ursprünglich einmal gehört hat, vom Bund kaufen, hat aber kein Geld. Ein Investor steigt ein, wenn er das „Flugwesen“ weiter entwickeln kann. Die vom Fluglärm betroffenen Anwohner setzen dagegen, „der Flugplatz muß weg!“

Und schließlich hat die Stadt in Flugplatznähe billiges Land für den Wohnungsbau anzubieten, was nun wieder von den Flugplatzbetreibern als „unverantwortlich“ eingeschätzt und auf ein künftiges Tegel verwiesen wird. Den Betreibern ist dabei sicher erin-

nerlich, daß vor einigen Jahren mehrere tausend Wohnungen in der Umgebung der Flughäfen Tegel und Tempelhöf mit einem Kostenaufwand von 140 Millionen DM mit Schallschutzeinrichtungen versehen werden mußten. Das verkraftet natürlich weder der Flugplatznoch der Wohnungsbauinvestor

Es war die erklärte Ansicht des Flugplatzfördervereins, „diesem Konglomerat aus Unkenntnis, Halb- und Unwahrheiten in wesentlichen Teilen zu widersprechen bzw richtigzustellen“ Offensichtlich ist ihm das nicht gelungen, denn noch vor Abschluß der Versammlung verließen ein Dutzend Flugplatzgegner protestierend den Saal. Und hier drängt sich wieder ein Gleichnis mit der erwähnten Geschichte auf, in der die Leute kein Verständnis für das sich entwickelnde Flugwesen aufbringen konnten. „Die Bauern des Heimatdorfes waren eben noch ein zu ungebildetes Volk!“

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