»Heute sind wir alle Amerikaner«

Bundestag bekundete Mitgefühl, Solidarität und Bereitschaft zur Gegenwehr

Mit den Terroranschlägen in den USA ist, so lautete der Konsens am Mittwoch im Bundestag, eine internationale Zäsur im Sicherheitsdenken eingetreten. Wohin dies die Menschheit führen wird, blieb noch vage.

Eine Schweigeminute leitete am Mittwochmorgen die Sondersitzung des Bundestages ein. Der anschließenden Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder folgten Stellungnahmen aller Fraktionsvorsitzenden des Bundesparlaments. Die ursprünglich geplanten Haushaltsberatungen dieser Woche wurden abgebrochen und auf die nächste Sitzungswoche am Ende des Monats verlegt. Der 11.September werde als »schwarzer Tag für uns alle in die Geschichte eingehen«, begann Bundeskanzler Schröder. Es handele sich um einen Anschlag auf die gesamte zivilisierte Völkergemeinschaft. Schröder, der in einem Beileidsschreiben an US-Präsident George W. Bush die USA des »uneingeschränkten Mitgefühls und der Solidarität« Deutschlands versichert hatte, forderte das »Zusammenstehen aller Demokraten«, Mitgefühl und Solidarität »aller, die für Frieden und Freiheit einstehen in Deutschland, in Europa, überall auf der Welt«. Schröder sprach von der Notwendigkeit rascher, wirksamer Maßnahmen, »um dem Terrorismus weltweit den Nährboden zu entziehen. Es hat zu gelten, wer Terroristen hilft oder sie schützt, verstößt gegen alle fundamentalen Werte des Zusammenlebens der Völker.« In Gesprächen mit dem französischen Staatspräsidenten Chirac und Ministerpräsident Jospin, mit dem britischen Premier Blair und dem russischen Präsidenten Putin sei man sich in der Bewertung einig gewesen, »dass diese Terrorakte eine Kriegserklärung an die freie Welt bedeuten«. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU), erklärte, das »Böse schlechthin, Menschenverachtung und Barbarei haben uns gestern angegriffen«. Niemand in der Welt habe so viel Grund wie die Deutschen, jetzt Solidarität mit Amerika zu zeigen. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos forderte, dieser »Tat aus der Hölle« die Solidarität der zivilisierten Welt entgegenzusetzen. Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck versicherte, gemeinsam mit den USA werde man alles tun, um den »teuflischen Kräften das Handwerk zu legen«. Struck: Wir alle ahnen, dass sich die Weltordnung seit gestern verändert hat. Die Terroranschläge seien eine Kriegserklärung gegen die Werte der demokratischen und zivilisierten Welt. »Heute sind wir alle Amerikaner«, rief Struck unter dem Beifall des Hauses aus. Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch nannte die Terrorakte einen »Anschlag auf die offene Gesellschaft überhaupt«. Und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhard, der von der offenkundigen Verletzlichkeit der freiheitlichen Demokratie sprach, war überzeugt, dass diese »am Ende nicht wehrlos« dastehen werde, dass sie sich schließlich durchsetzen werde. Man werde sich die transatlantische Gemeinschaft nicht zerschlagen lassen - »durch wen auch immer«. Das Resümee aller bisherigen Redner schien: Die zivilisierte Welt habe sich nun gegen die Barbarei durchzusetzen. Auch PDS-Fraktionschef Roland Claus sprach von einem kriegerischen Akt, einem »Anschlag auf die zivile Gesellschaft, auf Kultur, auf Humanität«. Er spreche »für eine demokratisch-sozialistische Linke in Deutschland, die sich bekanntlich oftmals kritisch zur Politik der USA verhält, die aber diese Kritik weder heute noch früher als Antiamerikanismus verstanden hat«. Doch werde sich, so Claus weiter, in diesen Tagen entscheiden, »wie zivilisiert die zivilisierte Welt ist«. Es gelte nun »nachzudenken über Sicherheit, die menschenmöglich ist un...

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