- Ratgeber
- Nutzungsrecht
Recht des Eigentümers auf Nutzungsentgelt für ehemals volkseigenes Grundstück?
Des öfteren müssen sich die Gerichte, bis hin zu Bundesgerichten, mit Forderungen von Grundstückseigentümern nach Nutzungsentgelt beschäftigen. Und zwar geht es um Grundstücke, auf denen zu DDR-Zeiten zumeist ein Eigenheim übernommen oder errichtet wurde. Am 30. Januar 2004 hat der Bundesgerichtshof (BGH) wiederum in einem ähnlichen Fall entschieden. Darüber informierte Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN, Berlin-Mitte, den Ratgeber. Das Urteil ist durchaus für andere Fälle interessant, in denen zu DDR-Zeiten ein dingliches Nutzungsrecht verliehen wurde.
Einem Ehepaar wurde im April 1983 mit Wirkung zum 1. September 1978 ein Nutzungsrecht an einem damals volkseigenen Grundstück verliehen. In der dafür erteilten Nutzungsurkunde hieß es: »Das Entgelt für die Nutzung des volkseigenen Grund und Bodens wird vom Rat der Stadt bzw. Gemeinde festgesetzt.« Die ehemalige Eigentümerin erhielt das Grundstück im April 2000 mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 als ihr Eigentum zurück. Im August 2000 verkaufte sie es an die Nutzer. Mit der im November 2002 eingegangenen Klage verlangt nun die Eigentümerin von den Nutzern für die Zeit von November 1993 bis August 2000 Nutzungsentschädigung in Höhe von rund 2924 Euro. Amtsgericht und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin jedoch die Nutzungsentschädigung weiter.
Der BGH hat auf die Revision hin das Urteil des zuständigen Landgerichts Stendal aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Fazit des BGH-Urteils (Az. V ZR 262/03) lautet:
1) Zum Inhalt eines dinglichen Nutzungsrechts (zu DDR-Zeiten - d. Red.)gehört auch seine Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit. Dafür sind neben den Bestimmungen über die Verleihung von Nutzungsrechten auch die Bestimmungen über die Nichterhebung von Nutzungsentgelten etwa nach der Eigenheimverordnung maßgeblich.
2) Auch nach 1970 waren dingliche Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken in der Regel unentgeltlich. Deshalb kann ein Entgelt bei solchen Rechten nur verlangt werden, wenn der Nutzer ausnahmsweise nicht von einem Entgelt befreit war.
Der BGH gab den Vorinstanzen darin Recht, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Einführungsgesetz zum BGB nicht besteht. Der Anspruch ist verjährt, da die Klage verspätet eingereicht wurde und von der Klägerin kein Bereinigungsverfahren eingeleitet wurde. Hinzukommt laut BGH, dass dingliche Nutzungsrechte nach dem Nutzungsrechtsgesetz 1970 in großem Umfang unentgeltlich waren. Grundlage dafür bildete die Verordnung über die Förderung des Baus von Eigenheimen vom November 1971, nach der ein Entgelt für die Nutzung volkseigener Grundstücke für Eigenheime nicht zu erheben war. Das betraf vor allem Arbeiter, Angestellte, Angehörige der bewaffneten Organe, Mitglieder von Genossenschaften, kinderreiche Familien, die das Eigenheim errichteten, modernisierten, in Stand setzten oder seinen Kauf finanzierten.
Doch von der Ermächtigung, Inhaber dinglicher Nutzungsrechte nach dem Nutzungsrechtsgesetz 1970 von der Zahlung eines Nutzungsentgelts freizustellen, hat der Gesetz- und Verordnungsgeber der DDR nie in vollem Umfang Gebrauch gemacht, heißt es in den Entscheidungsgründen des BGH-Urteils. Die Erhebung eines Nutzungsentgelts für den Zeitraum von November 1993 bis August 2000, wie in dem geschilderten Fall, kam deshalb nur in Betracht, wenn der Inhaber des Nutzungsrechts bei Ablauf des 2. Oktober 1990 zu den wenigen Bürgern gehörte, die n i c h t von der Zahlung des Entgelts befreit waren. Die Unentgeltlichkeit war die Regel, die Entgeltlichkeit die seltene Ausnahme. Die Grundstückseigentümerin und Klägerin muss also in der neuen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen, dass der Nutzer und Beklagte abweichend von der Regel nicht von der Zahlungspflicht befreit war und ein...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.