- Politik
- Zur Sache Rotlackierte Faschisten - Staatsanwalt:
„Robuste Sprache“
Gegen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wird es kein Ermittlungsverfahren wegen seiner Beschimpfung der PDS-Mitglieder als „rotlakkierte Faschisten“ geben. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Dortmund in einem Schreiben mit, das gestern bei der Vorsitzenden des Stadtvorstandes Dresden der PDS, Christine Ostrowski, einging. Frau Ostrowski hatte gegen Kohl wegen seiner Ausfälle in Frankfurt (Oder) und Dortmund Strafanzeige erstattet. Der Kanzler wiederholte die Redewendung „rotlackierte Faschisten“ später mehrfach, vermied sie allerdings beim jüngsten Auftritt vor sechstausend Menschen in Dresden.
Die zuständige Staatsanwältin in Frankfurt (Oder) mochte kein Verfahren gegen Kohl einleiten, da er sich angeblich nicht an die PDS, sondern eine Gruppe von Störern gewandt habe. Zur Rechtfertigung der Kanzler-Rede in der Dortmunder Westfalenhalle mußte sich die Staatsanwaltschaft etwas anderes einfallen lassen. Die Bedeutung von Wahlkämpfen gebiete eine Auslegung der Strafvorschriften, die „einen robusteren Sprachgebrauch zuläßt“ Wenn es um die politische Konkurrenz gehe, dürfe da mehr hingelangt werden als bei Meinungsäußerungen über Personen. So jedenfalls habe das Bundesverfassungsgericht 1985 grundsätzlich festgestellt.
So vermag Staatsanwalt Strunk „eine Beleidigung im Sinne der Ehrenschutztatbestände des Strafgesetzbuches nicht zu erkennen“ Gegen diese Entscheidung wird idie'BresdneT'FDSetocnsoiBe-fi
schwerde einlegen wie bereits gegen den Bescheid der Frankfurter Staatsanwaltschaft, teilte Jens Lorek vom Stadtvorstand mit. Ergebnislos blieben dagegen bisher die Ermittlungen gegen Sachsens CDU-Umweltminister Arnold Vaatz, der die Mitglieder der PDS als „Blockwarte“ bezeichnet hatte. Immerhin hielt es die Anklagebehörde in dieser Sache für angebracht, ein Aktenzeichen anzulegen.
Nicht einmal eine Eingangsbestätigung bekam die Dresdner PDS auf ihr Schreiben an Bundespräsident Roman Herzog (CDU), der sich imagefördernd als Schlichter für eskalierenden Streit im Wahlkampf angeboten hatte. Auch der Rat der Alten der PDS stieß mit einer entsprechenden Bitte auf taube Ohren.
Wenn Bayerns Staatssekretär Spitzner am 11. 4. über Gregor Gysi und die PDS unter anderem „Stalinisten, Mörderbande, alte kommunistische Schlammsau“ verbal auswarf, könnte man das vielleicht noch mit einem wohlwollenden Hinweis auf die Chancen moderner Psychotherapie abtun. Wenn aber gestern vor der Landespressekonferenz in Dresden Grünen-Bundespolitiker Werner Schulz der PDS vorwarf, es gehe ihr um „Selbsterhaltung“, da sie mit ihren Kandidaten „alles versucht, um abzuschöpfen“, zeugt dies von einem bedenklichen Politikansatz. Das heißt ja wohl, die PDS mache sich als einzige Partei schon dadurch verdächtig, daß sie das bestmögliche Wahlergebnis anstrebt. Wer so argumentiert, rüttelt gerade an den Funktionsprinzipien der „freiheitlich-demokratischen ...“, die ja angeblich immer alle im Sinn haben.
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