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  • Der Terror und seine Folgen

Der BND glaubt, etwas zu wissen, das BKA ahnt bereits ein wenig

Das FBI gibt deutsche Spuren vor

Das BKA geht bei der Fahndung nach Attentätern von New York und Washington mehr als 1000 Hinweisen nach. Einige stammen vom FBI, andere aus der politischen Märchenwelt.

Bislang arbeiteten die Kriminalisten des Bundeskriminalamtes und der Hamburger Soko »USA« zum Gutteil für die Medien. Der Öffentlichkeit dies- und jenseits des Atlantik musste Aktivität vermittelt werden. Für die nun notwendige kriminalistische Kleinarbeit brauchen die Ermittler Ruhe. Noch ist nichts bewiesen außer der Tatsache, dass vor allem in Hamburg junge Araber wohnten, die auf den Passagierlisten der Terrorflugzeuge stehen. Bevor man einige von ihnen, die Erfahrungen beim Fliegen kleinerer Maschinen oder aus Flugsimulatoren mitbrachten, zu eiskalten Mördern am Steuerhorn macht, könnte man im derzeitigen Ermittlungsstadium fragen: Waren die Verdächtigen überhaupt an Bord? Das mag spitzfindig klingen, doch eigentlich gilt für alle Menschen: Im Zweifel zu Gunsten der (in diesem Fall noch nicht einmal) Angeklagten. Weder ist eine Verabredung zum Terror gegen die USA nachgewiesen, noch lässt sich belegen, dass sie unter dem Kommando von Osama bin Laden standen. Auch wenn Geheimdienst-Experten wie Erich Schmidt-Eenboom oder Kai Hirschmann sich »keinen anderen Drahtzieher als bin Laden« vorstellen können - dessen Täterschaft ist keineswegs definitiv. Man muss natürlich seinen Unschuldsbeteuerungen nicht glauben, die er an pakistanische Medien faxte. Doch sogar für Europol-Chef Jürgen Storbeck ist bin Laden »nicht automatisch Führer jeder terroristischen Tat, die im Namen des Islam begangen wird«. Der oberste EU-Kripo-Mann weiß, dass voreilige Konzentration Ermittlungen in die Sackgasse treiben kann. Zumal die Quelle, die bislang für die Rädelsführerschaft des in Afghanistan lebenden saudischen Millionärs spricht, so seriös nicht ist. Während in den USA noch verhalten auf »Erzfeind« bin Laden gezeigt wurde, will der Bundesnachrichtendienst bereits Belege abgefangen haben. Die Telefonüberwachung hat angeblich unmittelbar nach den Anschlägen begeisterte Gespräche über den Erfolg der Sache mitgeschnitten, die aus dem Umfeld der Bin-Laden-Bande stammen sollen. Dass der BND sich mit diesem ergebnisreichen, also extrem seltenen Lauschangriffsresultat unmittelbar beim Hauptverbündeten wichtig gemacht hat, ist anzunehmen. In den USA brüstete sich der für Geheimdienstaufsicht zuständige US-Senator Orrin Hatch, (nicht näher bezeichnete) Geheimagenten hätten ein Gespräch zwischen zwei Anhängern bin Ladens mitgehört, in dem von der Zerstörung zweier Ziele in den USA die Rede war. Die Veröffentlichung der jeweiligen Gespräche (oder des einen Gesprächs?) wäre hilfreich. Und sei es nur, um Einwände wie diesen zu entkräften: Sollten sich wirklich bislang absolut verschwiegene, weil abgehörte Terroristen solch Hurra-Geschrei abgelassen haben? Dann hätte bin Laden auch gleich - wider seine Gewohnheit - einen Bekennerbrief schreiben können. So bleiben in Deutschland derzeit nur Verdachtsmomente vor allem gegen drei der 19 auf der FBI-Fahndungsliste vermerkten Personen. Mohammed Atta, geboren 1968, Sohn eines Rechtsanwaltes aus Kairo, saß mit vier weiteren mutmaßlichen Attentätern in der Boeing 767, die in den Nord-Turm des Welthandelszentrums krachte. In der zweiten New-Yorker-Terror-Maschine vermutet man den Bauernsohn Marwan Al-Shehhi, geboren 1978. Einen Platz im Jet, der über Pennsylvania abgestürzte, soll Zaid Jarrah gebucht haben. Der 26 Jahre alte Sohn eines Versicherungsdirektors in Beirut war im April 1996 mit seinem Cousin nach Greifswald gekommen, hat die Uni-Aufnahme jedoch nicht geschafft. Ende 1997 soll er nach Hamburg an die Fachhochschule für angewandte Wissenschaften gewechselt haben, um Flugzeugbau zu studieren. An der Hochschule waren auch Atta und Alshehhai eingeschrieben. Zaid Jarrah soll zeitweise bei bei seiner Freundin in Bochum gelebt haben. Wieder in Hamburg, wollen ihn Zeugen als Mitglied eine Putzkolonne im Airbus-Werk Finkenwerder jobben gesehen haben. Und das, obwohl er von seinem Vater monatlich 2000 Dollar überwiesen bekam? Die Hamburger Spur bietet für CDU und FDP neue Angriffspunkte im Wahlkampf. Sie erzeugen Ermittlungsdruck. Derartigen Aktionismus lehnt man im BKA (noch) ab. Man erinnert sich an die Festnahme von bin Ladens Finanzchef, Mamduh Mahmud Salim. Das war vor exakt drei Jahren im bayerischen Grüneck. Das Lob steckten BND, LKA und FBI ein. Doch als die Hymnen nach der Auslieferung in die USA verklugen waren, folgte Entsetzen. Die erfolgstrunkenen deutschen Ermittler hatten sich nicht einmal in die zahlreichen CD-Rom vertieft, die Salim bei sich hatte. Wie auch? Der Sudanese ha...

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