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Der erste Kältetote in Berlin – was nun?

Sozialverwaltung: Notunterkünfte reichen bislang / DRK will Schlafsäcke verteilen

  • Lesedauer: 3 Min.

Im S-Bahnhof Tiergarten erfror in der Nacht zum Mittwoch ein Mensch, ein Obdachloser. Der erste Kältetote dieses Winters in Berlin. Mit 12 000 bezifferte Sozialsenatorin Stahmer am „Tag der Obdachlosenhilfe“ (2. Dezember 1994) die Zahl der Menschen ohne Wohnung. Das DRK nannte eine Dunkelziffer von 24 000, Caritas und Diakonie schätzten sogar 40 000. Auf minus 7,4 Grad Celsius sackte in der Nacht zum Donnerstag das Quecksilber ab. Es soll in den nächsten Nächten noch weiter fallen. Wo bleiben die Obdachlosen?

Sozialsenatorin Stahmer zufolge ist die Zahl der Unterkünfte bislang ausreichend. In Berlin gebe 'es derzeit 35 Notübernachtungseinrichtungen mit 581 Plätzen, sagte Pressesprecher Wolfgang Zügel auf Nachfrage. Hinzu kommen 20 Tagesaufenthalte und 13 Wärmestuben. Eine Liste all dieser Einrichtungen ist bei der Sozialverwaltung erhältlich.

Das Deutsche Rote Kreuz bereitet seit gestern eine neue Aktion vor. Wie Joachim Fuchs, Referent für Offene Sozialarbeit, mitteilte, werden in

der kommenden Woche Thermoschlafsäcke und Isomatten verteilt. Das soll an drei Stellen in der Stadt geschehen. Orte und Zeiten werden in der Presse bekannt gemacht. Mit diesen Schlafsäcken können Temperaturen um minus 10 Grad Celsius überstanden werden, sagte Fuchs. Viele der Obdachlosen, seiner Meinung nach um die 2 000, lehnten das Übernachten in Heimen und Unterkünften ab, zögen es vor, im Freien zu schlafen. Das berge natürlich Risiken, besonders dann, wenn Alkohol im

Spiele sei. Auch die Kreisverbände unternehmen zusätzliche Anstrengungen, fügte Zügel hinzu. Kommende Woche öffnet in Wedding eine neue Notunterkunft.

Beim Caritas-Verband, teilte Sprecherin Barbara Schwemmer mit, wird ab 16. Januar ein Koordinierungstelefon geschaltet. Einrichtungen, die belegt sind, können hier Informationen über freie Plätze in anderen Unterkünften erhalten und somit Bedürftige vermitteln. Es stehe auch ein Kontingent an Fahrscheinen für öffentliche Verkehrsmittel bereit. Das Telefon, vorerst bis 30. April geschaltet, ist täglich von 19 bis 23 Uhr besetzt. Ab Februar, hofft Frau Schwemmer, werde auch das Arztmobil für Obdachlose eingesetzt. Derzeit laufen letzte Verhandlungen mit dem Senat.

Da die Wärmestuben in der Regel nur einige Stunden am Tage geöffnet haben, halten sich viele Obdachlose in den Stationen der U-Bahn auf. BVG-Sprecher Wolfgang Göbel sagte auf Anfrage, die Mitarbeiter der Aufsicht wie auch der Sicherheitsdienste seien angewiesen, Obdachsuchende nicht der Bahnhöfe zu verweisen, wenn sie keinen Grund zur Beanstandung geben. Von Einzelfällen abgesehen, wurden keine Probleme bekannt. Aus Sicherheitsgründen jedoch sei hier ein Aufenthalt für Betriebsfremde in der Betriebspause (zwischen 0.30 und 4.30 Uhr) nicht möglich. Das BVG-Personal verfüge über eine Liste mit den Adressen von Unterkünften, die sich in den näheren Umgebung befinden.

PETER KOLLEWE

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