Sind Mieterhöhungen zu begründen?

  • Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
  • Lesedauer: ca. 4.0 Min.
Bisher galt, dass Vermieter ihre Mieterhöhungsforderungen begründen müssen. Hinweise auf den Mietspiegel seien nicht ausreichend. Jetzt hieß es bei einer Mieterhöhung: »Ihre Wohnung ist in das Mietspiegelfeld B 9 einzuordnen.... Die neue Nettomiete übersteigt nicht die ortsübliche Vergleichsmiete ... und entspricht einer Nettokaltmiete von 5,25 Euro je Quadratmeter. In dieser Nettokaltmiete ist der Zuschlag für das moderne Bad von plus 0,21 Euro je Quadratmeter enthalten.« Damit liegt die Miethöhe an der obersten Grenze des Mietspiegels, dabei hat die Küche immer noch einfachen Standard, keine Fliesen und den alten Spültisch. Der Mieterhöhung wurde zugestimmt. Frage: Ist noch ein Widerspruch möglich?
Rudolf N., Berlin

In den ND-Ratgebern 623 und 626 erläuterten wir, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung, dass Mieterhöhungen nicht kritiklos hingenommen werden sollten. In beiden Beiträgen ging es um Ausstattungsmerkmale bei Mieterhöhungen über den Mittelwert hinaus und um die Berücksichtigung von Zinsverbilligungen. Das sind Kriterien und Umstände, die in den Mieterhöhungsverlangen der Begründung und zum Teil auch der Erläuterung bedürfen.
Wird vom Vermieter darauf nicht eingegangen, kann sein Mieterhöhungsverlangen unwirksam sein. So beispielsweise wenn die Mindestzahl der im Mietspiegel genannten Ausstattungsmerkmale nicht aufgeführt wird oder wenn bei Mietforderungen über den Mittelwert hinaus keine wohnwerterhöhenden Umstände genannt werden. Damit ist zu belegen, dass der Wohnwert höher ist, als derjenige einer Durchschnittswohnung und ob Zinsverbilligungen berücksichtigt wurden.
Stimmen Mieter aus solchen oder ähnlichen Gründen der Mieterhöhung nicht oder nur zum Teil zu, ist der Vermieter gefordert, darauf zu reagieren. In der Regel liegen dazu Widersprüche von Mietern vor, die mehr oder weniger begründet sind. Nur selten kommt es dann zu persönlichen klärenden Gesprächen mit den Mietern. In der Regel heißt die Antwort dann, dass die Wohnung im Mieterhöhungsverlangen in das zutreffende Mietspiegelfeld eingeordnet, die 20-Prozent-Kappungsgrenze eingehalten und die ortsübliche Miete nicht überschritten worden sei.
Mit diesen Angaben - so heißt es fast wortgleich - entsprächen die Mieterhöhungserklärung den gesetzlichen Erfordernissen.
Wollen widersprechende Mieter nun wissen, welche wohnwerterhöhende Merkmale eine Mieterhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen, erhalten sie meistens keine Antwort. Stattdessen wird erneut zur Zustimmung aufgefordert, andernfalls wird mit einer Zustimmungsklage gedroht, was dann in der Regel auch geschieht.
Die mit Zustimmungsklagen betrauten Anwälte halten sich mehr oder weniger an die mangelhaften oder gar offensichtlich unwirksamen Mieterhöhungsverlangen und beantragen dann die Verurteilung des Mieters zur Zustimmung der geforderten Miethöhe. Oft erst auf richterlichen Hinweis oder den in der Klageerwiderung des Mieters benannten Mängeln ergänzen sie die Klage und »heilen« (juristischer Ausdruck für Nachbesserungen) die Mängel des Mieterhöhungsverlangens. Erst dann werden z. B. die im Mietspiegel aufgeführten Sonderausstattungsmerkmale nachbenannt oder/und die bisher »übersehene« Zinsverbilligung berücksichtigt.
Manchmal wird die Zustimmungsklage nach dem Widerspruch des Mieters auch zurückgenommen, z. B. dann, wenn statt der im Mietspiegel geforderten sechs Sonderausstattungsmerkmale nur fünf oder vier vorliegen.
Bei so nachgebesserten Mieterhöhungsverlangen beginnt die Zustimmungsfrist für den Mieter neu. Erst danach kann die geforderte oder die im Prozess reduzierte Mieterhöhung wirksam werden. Wenn der Mieter, der in aller Regel zu seinen Gunsten reduzierten Mieterhöhung zustimmt, trägt der Vermieter die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten. Darin liegt auch das Risiko der Vermieter, wenn sie mit unwirksamen oder nur teilwirksamen Forderungen auf Mieter treffen, die sich zu wehren verstehen. Das sollten Mieter wissen und nicht jeder Forderung ungeprüft nachgeben.
Nach wie vor geht die Rechtsprechung und die herrschende Mietrechtsliteratur davon aus, dass Mieterhöhungsforderungen, die über den Mittelwert hinausgehen, der näheren Begründung und der Benennung wohnwerterhöhender Merkmale bedürfen. Vermieter haben nicht in jedem Fall Anspruch auf eine Miethöhe an der Obergrenze in den Mietspiegelfeldern. Bei fehlender Begründung wird ihnen von Richtern überwiegend nur der Mittelwert zuerkannt. Ob das auch alle Amtsrichter so sehen, ist noch nicht zu überblicken.
Insbesondere Großvermieter stellen sich dieser Begründungspflicht nicht. In der Regel können sie konkrete wohnwerterhöhende Merkmale, die eine Mieterhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen, nicht vorbringen und beweisen. Sie vertreten zudem die Ansicht, ihre Mindestangaben würden ausreichen. Zu wenige Mieter wehren sich und zahlen eine Miete, die sie zum verlangten Zeitpunkt oder in der vorgegebenen Höhe nicht zahlen müssten. Wer aber erst mal zugestimmt hat, kann in der Regel nichts mehr machen.
Leider stützt die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in einem Urteil vom 12. November 2003, die Vermieter. Darin heißt es ohne Einschränkung, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell wirksam sei, wenn der Vermieter die Wohnung zutreffend in das in Frage kommende Mietspiegelfeld eingeordnet, die Mietspanne richtig bezeichnet und die erhöhte Miete angegeben hat. Damit könnten sich Mieter - so der BGH - ausreichend orientieren und prüfen, ob das Erhöhungsverlangen begründet ist. Höhere Anforderungen an die Begründungspflicht des Vermieters seien wegen des vom Grundgesetz geschützen Eigentums nicht zu stellen.
Nur am Schluss der Urteilsbegründung des BGH wird erwähnt, dass im Streitfall der Richter, bei einem formell wirksamen Mieterhöhungsverlangen, »materiell-rechtlich« die Höhe der Miete zu ermitteln hat, die der Vermieter verlangen darf. Die Feststellung der »materiell-rechtlichen«, gemeint ist die zulässige Miethöhe, ist jedoch nicht erst Aufgabe des Richters, sondern schon vorher die eines jeden Vermieters.

Urteil des BGH vom 12. November 2003, Az. VIII ZR 52/03, veröff. in Wohnungswirtschaft & Mietrecht 2/04/93Bisher galt, dass Vermieter ihre Mieterhöhungsforderungen begründen müssen. Hinweise auf den Mietspiegel seien nicht ausreichend. Jetzt hieß es bei einer Mieterhöhung: »Ihre Wohnung ist in das Mietspiegelfeld B 9 einzuordnen.... Die neue Nettomiete übersteigt nicht die ortsübliche Vergleichsmiete ... und entspricht einer Nettokaltmiete von 5,25 Euro je Quadratmeter. In dieser Nettokaltmiete ist der Zuschlag für das moderne Bad von plus 0,21 Euro je Quadratmeter enthalten.« Damit liegt die Miethöhe an der obersten Grenze des Mietspiegels, dabei hat die Küche immer noch einfachen Standard, keine Fliesen und den alten Spültisch. Der Mieterhöhung wurde zugestimmt. Frage: Ist noch ein Widerspruch möglich?
Rudolf N., Berlin

In den ND-Ratgebern 623 und 626 erläuterten wir, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung, dass Mieterhöhungen nicht kritiklos hingenommen werden sollten. In beiden Beiträgen ging es um Ausstattungsmerkmale bei Mieterhöhungen über den Mittelwert hinaus und um die Berücksichtigung von Zinsverbilligungen. Das sind Kriterien und Umstände, die in den Mieterhöhungsverlangen der Begründung und zum Teil auch der Erläuterung bedürfen.
Wird vom Vermieter darauf nicht eingegangen, kann sein Mieterhöhungsverlangen unwirksam sein. So beispielsweise wenn die Mindestzahl der im Mietspiegel genannten Ausstattungsmerkmale nicht aufgeführt wird oder wenn bei Mietforderungen über den Mittelwert hinaus keine wohnwerterhöhenden Umstände genannt werden. Damit ist zu belegen, dass der Wohnwert höher ist, als derjenige einer Durchschnittswohnung und ob Zinsverbilligungen berücksichtigt wurden.
Stimmen Mieter aus solchen oder ähnlichen Gründen der Mieterhöhung nicht oder nur zum Teil zu, ist der Vermieter gefordert, darauf zu reagieren. In der Regel liegen dazu Widersprüche von Mietern vor, die mehr oder weniger begründet sind. Nur selten kommt es dann zu persönlichen klärenden Gesprächen mit den Mietern. In der Regel heißt die Antwort dann, dass die Wohnung im Mieterhöhungsverlangen in das zutreffende Mietspiegelfeld eingeordnet, die 20-Prozent-Kappungsgrenze eingehalten und die ortsübliche Miete nicht überschritten worden sei.
Mit diesen Angaben - so heißt es fast wortgleich - entsprächen die Mieterhöhungserklärung den gesetzlichen Erfordernissen.
Wollen widersprechende Mieter nun wissen, welche wohnwerterhöhende Merkmale eine Mieterhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen, erhalten sie meistens keine Antwort. Stattdessen wird erneut zur Zustimmung aufgefordert, andernfalls wird mit einer Zustimmungsklage gedroht, was dann in der Regel auch geschieht.
Die mit Zustimmungsklagen betrauten Anwälte halten sich mehr oder weniger an die mangelhaften oder gar offensichtlich unwirksamen Mieterhöhungsverlangen und beantragen dann die Verurteilung des Mieters zur Zustimmung der geforderten Miethöhe. Oft erst auf richterlichen Hinweis oder den in der Klageerwiderung des Mieters benannten Mängeln ergänzen sie die Klage und »heilen« (juristischer Ausdruck für Nachbesserungen) die Mängel des Mieterhöhungsverlangens. Erst dann werden z. B. die im Mietspiegel aufgeführten Sonderausstattungsmerkmale nachbenannt oder/und die bisher »übersehene« Zinsverbilligung berücksichtigt.
Manchmal wird die Zustimmungsklage nach dem Widerspruch des Mieters auch zurückgenommen, z. B. dann, wenn statt der im Mietspiegel geforderten sechs Sonderausstattungsmerkmale nur fünf oder vier vorliegen.
Bei so nachgebesserten Mieterhöhungsverlangen beginnt die Zustimmungsfrist für den Mieter neu. Erst danach kann die geforderte oder die im Prozess reduzierte Mieterhöhung wirksam werden. Wenn der Mieter, der in aller Regel zu seinen Gunsten reduzierten Mieterhöhung zustimmt, trägt der Vermieter die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten. Darin liegt auch das Risiko der Vermieter, wenn sie mit unwirksamen oder nur teilwirksamen Forderungen auf Mieter treffen, die sich zu wehren verstehen. Das sollten Mieter wissen und nicht jeder Forderung ungeprüft nachgeben.
Nach wie vor geht die Rechtsprechung und die herrschende Mietrechtsliteratur davon aus, dass Mieterhöhungsforderungen, die über den Mittelwert hinausgehen, der näheren Begründung und der Benennung wohnwerterhöhender Merkmale bedürfen. Vermieter haben nicht in jedem Fall Anspruch auf eine Miethöhe an der Obergrenze in den Mietspiegelfeldern. Bei fehlender Begründung wird ihnen von Richtern überwiegend nur der Mittelwert zuerkannt. Ob das auch alle Amtsrichter so sehen, ist noch nicht zu überblicken.
Insbesondere Großvermieter stellen sich dieser Begründungspflicht nicht. In der Regel können sie konkrete wohnwerterhöhende Merkmale, die eine Mieterhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen, nicht vorbringen und beweisen. Sie vertreten zudem die Ansicht, ihre Mindestangaben würden ausreichen. Zu wenige Mieter wehren sich und zahlen eine Miete, die sie zum verlangten Zeitpunkt oder in der vorgegebenen Höhe nicht zahlen müssten. Wer aber erst mal zugestimmt hat, kann in der Regel nichts mehr machen.
Leider stützt die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in einem Urteil vom 12. November 2003, die Vermieter. Darin heißt es ohne Einschränkung, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell wirksam sei, wenn der Vermieter die Wohnung zutreffend in das in Frage kommende Mietspiegelfeld eingeordnet, die Mietspanne richtig bezeichnet und die erhöhte Miete angegeben hat. Damit könnten sich Mieter - so der BGH - ausreichend orientieren und prüfen, ob das Erhöhungsverlangen begründet ist. Höhere Anforderungen an die Begründungspflicht des Vermieters seien wegen des vom Grundgesetz geschützen Eigentums nicht zu stellen.
Nur am Schluss der Urteilsbegründung des BGH wird erwähnt, dass im Streitfall der Richter, bei einem formell wirksamen Mieterhöhungsverlangen, »materiell-rechtlich« die Höhe der Miete zu ermitteln hat, die der Vermieter verlangen darf. Die Feststellung der »materiell-rechtlichen«, gemeint ist die zulässige Miethöhe, ist jedoch nicht erst Aufgabe des Richters, sondern schon vorher die eines jeden Vermieters.

Urteil des BGH vom 12. November 2003, Az. VIII ZR 52/03, veröff. in Wohnungswirtschaft & Mietrecht 2/04/93

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