Al Qaida plante größere USA-Attacke

USA-Kommission zum 11. September widerlegt weiteren Hauptgrund Bushs für Irak-Aggression / Präsidentschaftskandidat Kerry: Regierung führte das Land in die Irre

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Der Ermittlungsbericht der unabhängigen USA-Kommission zum 11. September hat einen weiteren Hauptgrund für die Aggression gegen Irak ad absurdum geführt: Das Saddam-Regime hatte keine Verbindung zu Bin Laden. Indes plante Al Qaida einen noch größeren Anschlag.

Der endgültige Bericht der Kommission wird Ende Juli erwartet, doch schon am Mittwoch, dem vorletzten Anhörungstag, wurde bekannt, dass das Terrornetzwerk Al Qaida offenbar einen weit größeren Anschlag plante. Der mutmaßliche »911«-Chefplaner Chaled Scheich Mohammed habe Osama bin Laden ursprünglich die Entführung von 10 Passagierflugzeugen, die Ermordung der männlichen Insassen, die Freilassung von Frauen und Kindern sowie das Verlesen eines Bekennerschreibens am Zielflughafen vorgeschlagen. Osama bin Laden habe den Vorschlag abgelehnt und stattdessen die Entführung von vier Flugzeugen durch Selbstmordkommandos angeordnet, hieß es in dem am Mittwoch vorgelegten »911«-Zwischenbericht. Neben dem World Trade Center in New York und dem Pentagon hätten Flugzeuge auch in das Washingtoner Kapitol, das Weiße Haus und die Hauptquartiere von FBI und CIA gelenkt werden sollen. Die Terrorübungen dafür hätten 1999 in Al-Qaida-Trainingslagern in Afghanistan begonnen. Weniger überraschend die Feststellung der Kommission, es gebe »keine stichhaltigen Beweise« für die von der Bush-Regierung mehrfach behauptete Zusammenarbeit zwischen dem Regime Saddam Husseins und Al Qaida. Die Kommission bezog sich offenbar auf Aussagen Chaled Scheich Mohammeds, die dieser - nach Angaben der »New York Times« vom Donnerstag unter Folter - an einem unbekannten Ort in USA-Gewahrsam gemacht haben soll. Osama bin Laden, hieß es unter Berufung auf Aussagen von USA-Geheimdienstlern, habe Mitte der neunziger Jahre beim Bagdader Regime um Unterstützung für Angriffe gebeten, aber nie eine Antwort erhalten. Die Kommission verwies eine zentrale Rechtfertigung des Weißen Hause für den Überfall auf Irak - die angebliche Zusammenarbeit Al Qaidas mit Saddam Hussein - indirekt ins Reich der Lügen. Immer wieder war ein angebliches Treffen Mohammed Attas, eines der Flugzeugentführer, mit einem hochrangigen irakischen Geheimdienstbeamten in Prag behauptet worden. Für das Treffen existierten ebenfalls keine Beweise, hieß es am Mittwoch in Washington erstmals von amtlicher Seite. Noch am Montag hatte Vizepräsident Dick Cheney in einer Rede von »Kooperation« Bin Ladens und Saddams gesprochen. Das Ausschussmitglied Bob Kerrey, ein Ex-Senator aus Nebraska, drückte erneut seine Empörung darüber aus, dass Washington trotz aller Erkenntnisse über Al-Qaida-Pläne vor dem 11. September 2001 nicht reagierte. Der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry sagte, der Bericht sei ein Beweis dafür, »dass die Regierung Amerika in die Irre geführt« habe: »Sie sagten den Amerikanern die Wahrheit weder darüber, was vor sich ging, noch was ihre eigenen Absichten waren«. Außenminister Colin Powell übte sich in Rhetorik. Die Regierung bleibe bei ihrer Darstellung, zwischen Al Qaida und Saddam Hussein habe es Verbindungen gegeben: »Wir sagen nicht, dass dies mit 911 zu tun hatte«. Mit Spannung wurde am Donnerstag (Ortszeit) erwartet, wie Zeugen und Regierungsmitglieder das Versagen der amerikanischen Luftab...

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