Ehevertrag - nach der Scheidung mittellos

Eine Frau war wegen eines schwer behinderten Kindes nicht berufstätig. 1984 lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, einen Diplom-Wirtschaftsingenieur (Monatseinkommen: 7000 Mark). Sie war bereits von ihm schwanger, als die beiden Ende 1985 die Ehe schlossen. In einem notariellen Ehevertrag hatten sie zuvor Gütertrennung vereinbart und einen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Für den Fall der Scheidung verzichtete die Frau auf Unterhalt. 1988 trennten sich die Eheleute; die Scheidung folgte 1992. Die Frau forderte von ihrem geschiedenen Mann - über den für das gemeinsame Kind bezahlten Unterhalt hinaus - Unterhalt für sich selbst. Ein Oberlandesgericht (OLG) sprach ihr 300 Mark monatlich zu, hielt den Ehevertrag im Übrigen für wirksam und wies die weitergehende Klage ab. Das Bundesverfassungsgericht setzte an diesem Urteil den Rotstift an und verwies die Sache zurück (Beschluss vom 29. März 2001, Az. 1 BvR 1766/ 92). Eheverträge hätten dort ihre Grenzen, wo sie nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartnerschaft seien, sondern ein Ehepartner auf Grund überlegener Verhandlungsposition den Ton angebe. Die Freiheit, eine Ehe zu schließen, gebe niemandem das Recht, die Lasten im Ehevertrag einseitig zu verteilen. Unter diesem Gesichtspunkt hätte man den Vertrag überprüfen müssen. Dies habe das OLG unterlassen und sich statt dessen auf die Freiheit der Lebensplanung des Ehemannes konzentriert, beanstandeten die Verfassungsrichter. Die Inhaltskontrolle des Ehevertrags sei nun nachzuholen: Die Vermögenslage der Frau und ihre berufliche Qualifikation und Perspektive bestimmten ihre Situation vor der Ehe, aber auch während der Schwangerschaft. Immerhin habe sich die Frau zum Zeitpunkt der Eheschließung in einer ungünstigen Lage befunden, weil sie wegen des behinderten Kindes ihre Berufstätigkeit habe aufgeben müssen. Der Verzicht auf alle gesetzlichen Ansprüche aus der Ehe, der sie in unangemessener Weise belaste, sei ein Indiz dafür, dass ihr Mann im Ehever...

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