Altes Haus neu im Dienste der Stadt
Gescheitert Fotografierte Lebenslinien In der.Breiten Straße in Mitte etabliert sich ein Zentrum für Berlin-Studien
Lebenslinien zeigen ist Credo der Fotografin Renate Zeun. Und so hat sie auch ihre Retrospektive genannt. 1983 erfuhr sie von ihrer Krebserkrankung. Sie war Ende 30, Fotografin, mitten im Fernstudium. Ihre in den beiden folgenden Jahren als Diplomarbeit für die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst entstandenen Fotografien sind nicht nur Ablenkung und Mittel der intensiven Auseinandersetzung mit der Krankheit. Sie mußten helfen gegen die Angst und aufkommende Resignation.
Die subjektive Perspektive dieser Aufnahmen gibt tatsächlich den vielbeschworenen „eigenen Blick“ wieder Ein Blick, der in dieser Situation den banalsten Dingen Bedeutungsschwere unterschob: ein Fensterkreuz (ein Kreuz!), der laufende Fernseher, die Lampe an der Decke, die so aufgenommen ist, wie die Fotografin sie vom Bett aus sah. Und Renate Zeun zeigte ihre Wunden vor, die Narben an der Stelle der abgenommenen Brust. Das war mutig und verzweifelt und sehr beeindruckend.
Andere Menschen konnten sich -jenseits der eigenen Verdrängung - in diesen Bildern wiederfinden, mit ihrer Verletzbarkeit und Leidensfähigkeit. Das Buch „Betroffen - Bilder einer Krebserkrankung“, 1986 erschienen und 1990 noch einmal aufgelegt, war ein großer Erfolg.
Von da an standen die nächsten Schritte im Leben der Fotografin Renate Zeun fest. Sie arbeitete mit der Kamera nur noch im Krankenhaus und vergaß dabei, daß sich Betroffenheitsfotografie nicht unbegrenzt mit Intensität füllen läßt. Die neueren Aufnahmen sind überladen mit Graustufen, ohne Kontraste, ohne Spannung. Schwerer wiegt Zeuns therapeutische Arbeit mit den kranken Kindern, die sie anleitet, selbst zu fotografieren.
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