Wieviele Wildgänse rasten in Brandenburg?
Mit Nasa-Thermoauge, Rechner und Motorsegler auf nächtlicher Inspektion
Mit hochleistungsfähiger Infrarottechnik, über die sonst nur das amerikanische Militär oder die NASA verfügt; werden im Herbst über Brandenburgs Seen schlafende Wildgänse gezählt. Den ungewöhnlichen Auftrag dazu vergab jetzt das Potsdamer Landwirtschaftsministerium an die Berliner Fernerkundungsfirma ENVICO und die Strausberger Flugzeugbaufirma Stemme.
Hintergrund der nächtlichen Aktion per Motorsegler: Auf ihrem Zug nach Süden richten jährlich schätzungsweise fünf
Millionen Wildgänse in Brandenburg Ernteschäden in Höhe von rund drei Millionen Mark an. Damit sind die Vögel eine ernsthafte volkswirtschaftliche Größe.
„Wir sollen herausfinden, in welchen Gebieten die Tiere bevorzugt übernachten“, erläutert ENVICO-Geschäftsführer Hans-Jörg Krickau. Erfahrungsgemäß würden die Gänse nur im Umkreis von 30 Kilometern vom Schlafplatz aus Schäden verursachen. Womöglich darüber hinaus angezeigte Ernteverluste seien
dann zumindest mit einem Fragezeichen zu versehen.
Das von Kosmosforschern der früheren Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) gegründete Spezialunternehmen ENVICO setzt bei der Zählung eine eigens für militärische Zwecke gebaute Kamera ein. Sie erfaßt beim Überflug Temperaturunterschiede bis zu 0,1 Grad Celsius. Dem mehrere hunderttausend Mark teuren Thermoauge samt Rechnern bleiben folglich kein unterirdisches Leitungsrohr, keine noch so kleine Schadstoffeinleitung und keine Wär-
mequelle wie Mensch oder Tier verborgen.
Erst jüngst hatte ENVICO einen weiteren spektakulären Auftrag erhalten. In Sachsen-Anhalt wurde eine mehrere hundert Kilometer lange Druckwasserleitung „beäugt“. Die Betreiber des Leitungssystems zwischen der Rappbode-Talsperre und der Stadt Halle hatten Verluste von jährlich über elf Millionen Kubikmetern Wasser beklagt. Derzeit werten die Experten die Aufnahmen aus. HANS-WERNER OERTEL, ADN
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