Spannung zwischen Eisen und Farbe

Kunstschmied und Maler gemeinsam in der Galerie

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.
In berückender Spannung stehen die Arbeiten des norddeutschen Kunstschmieds Ulrich Schmied und des russischen Malers Nikolai Estis, die gerade in einer Doppelausstellung der Galerie für aktuelle Kunst (GFAK) in der Kaiser-Friedrich-Straße gezeigt werden. Estis wie Schmied haben sich für eine klare, konstruktivistische Herangehensweise entschieden. Doch während der Bildhauer aus schweren Eisenblöcken unter großer Hitzeeinwirkung und mit purer Kraft kompakte Formen herausarbeitet, operiert der Maler mit wild scheinendem und dennoch wohl kalkuliertem Farbauftrag. Aus Strichen, Klecksen, zuweilen auch Farbwülsten setzt er in der Serie »Vögel« das Flugwesen zusammen, das sich, hat sich das Auge des Betrachters erst eingestellt, deutlich aus dem Farbwirrwarr abhebt. Allmählich wird auch eine Tiefenwirkung sichtbar. Sehr deutlich wird sie in einem Bild, das einen Vogel in einem Kathedralen ähnlichem Raum aufgebahrt zeigt. Hoch und schwungvoll sind die Bögen des Gebäudes. Man vermeint förmlich einzutreten, etwa so, als sei es eine Landschaft des Cyberspace. Stärker noch tritt die Raumwirkung in dem in den letzten 15 Jahren entstandenen Zyklus »Türme« zu Tage. Bögen, Treppen, Fenster in schier unendlicher Menge sind übereinander getürmt. Ein undurchdringlich scheinendes Babel entsteht. Doch klärt sich die Situation, je länger man vor einem Bild steht. Man glaubt erneut, in das Bauwerk eintreten, dort Dinge unterscheiden, sich zurechtfinden, ja einrichten zu können. Setzen sich die Bildwerke des 1937 in Moskau geborenen Estis aus unzähligen Details zusammen, so geht der eine Generation jüngere Schmied sehr sparsam vor. Das Gros der Stahlskulpturen ist noch in einem Block belassen. Ihre Kraft kontrastiert hier mit der Vielfalt der Leinwände. Auch wenn Schmied - ein Künstlername, nach der Tätigkeit angenommen - außerdem noch filigrane Windspiele aus Metall fertigt, so schwingt dennoch die zauberhafte Spannung zwischen den metallenen und den gemalten Werken fort. Eine gelungene Ausstellung. Bis 10. 9., Di.-Sa. 16-19 Uhr, GFAK, Kaiser-Friedrich-Straße 67, Charlottenburg

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